: "Kein' Bock auf Linkerei"
■ Kaufhaus-Erpresser "Dagobert" knapp entkommen / MEKler fiel auf die Nase / "Das mit der Farbe war echt'ne Sauerei"
knapp entkommen / MEKler
fiel auf die Nase / »Das mit der Farbe war echt 'ne Sauerei«
Hamburgs Polizei hat zur öffentlichen Jagd auf den Karstadt-Erpresser „Dagobert“ geblasen. Nachdem am Donnerstag ein weiterer Geldübergabe-Versuch gescheitert ist und ein Beamter „Dagobert“ bereits am Kragen hatte, ist sein Vertrauen zur Polizei gänzlich dahin. Und auch die Polizei steckt in einem Dilemma. Weil sie den raffinierten Erpresser dauernd linkt, trägt sie nun die Verantwortung für mögliche weitere Detonationen in den Karstadt-Palästen.
„Dagobert“ hält die Polizei seit Monaten in Atem, seit er im Juli in der Porzellanabteilung bei Karstadt Mö nachts eine Bombe explodieren ließ. Die ersten Geldübergabeversuche ließ „Dagobert“ vorsichtshalber platzen. Ende August glaubte er seinem Ziel ganz nahe zu sein. Er beauftragte die Polizei, einen Geldboten in den Zug „Käthe Kollwitz“ nach Berlin zu setzen. Bei Reinbek gab er über Funk das Signal zum Abwerfen. In der Tat landete der Geldkoffer direkt vor seinen Füßen. Und da „Dagobert“ darauf vorbereitet war, daß innerhalb weniger Minuten das Mobile Einsatzkommando (MEK) auftauchen würde, hatte er ein Fahrrad bereitgestellt, um den sportlichen Mannen des Sondertrupps im Reinbeker Wäldchen zu entwischen. Doch womit „Dagobert“ nicht rechnen konnte: Im Geldkoffer befanden sich nicht die 10000 netten 100-Mark-Scheinchen der Bundesbank, sondern nur Zeitungspapier mit ekelhafter unabwaschbarer roter Farbe.
Diese Linkerei erboste „Dagobert“ gänzlich: Er ließ nun einen Sprengsatz in einer Hannoveraner Karstadt-Filiale während der Geschäftszeit detonieren, wodurch zwei Menschen verletzt wurden. Doch die Polizei änderte ihre Taktik nicht. Obwohl sie immer wieder beteuerte, „Dagobert“ nach Abwurf des Geldkoffers eine Stunde Zeit zur Abholung zu lassen, lauerte sie ihm in Wahrheit auf. So auch am Donnerstag beim letzten abgemachten Abwurftermin in Berlin Charlottenburg. Als „Dagobert“ das Geld abholen wollte, packte ihn plötzlich ein MEKler am Kragen. Doch „Dagobert“ konnte sich losreißen, der Polizist fiel auf die Nase und der raffinierte Erpresser war wieder auf und davon.
Gestern mittag mußte die Polizei auf einer Pressekonferenz ihr Versagen einräumen: „Wir waren mit gut ausgebildeten Beamten vor Ort, aber solche Pannen können passieren.“ Zum gleichen Zeitpunkt brachte „Dagobert“ bei einer Stippvisite in der taz-Redaktion sei-
1nen Unmut über die „Schikanen“ zum Ausdruck. „Ewig diese Linkerei, langsam hab' ich kein' Bock mehr.“ „Dagobert“ findet das alles unfair: „Daß die Polizei mir Fallen stellt, is' ja in Ordnung, sonst macht das Ganze ja keinen Spaß. Aber der Schweinkram mit der roten Farbe war echt 'ne Sauerei. Zwei Wochen lang hab' ich den
1Mist nicht abgekriegt.“ Dagobert zu den Donnerstag-Ereignissen: „Kann der nicht ordentlich zupacken, hält mich einfach am Kragen fest. Die Jacke is' jetzt dahin.“ Nun werde auch er mit gemeinen Methoden vorgehen: „Beim nächsten verpatzten Übergabetermin der Knete bewerf' ich die MEKler mit faulen Eiern.“ Kai von Appen
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