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Streit um Billy-Regale

■ IKEA konnte noch keine Zahlen über Giftbelastung vorlegen

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„Legal-illegal-IKEA-Regal“. Dieses Graffity prangte vor einigen Jahren an Hamburger Mauern, manchmal noch mit dem Beiwort „scheißegal“. Alles andere als egal sind dem Möbelhersteller die Meldungen des Stern übers „Billy“-Regal. Das Magazin hat in seiner neuesten Ausgabe Meßergebnisse veröffentlicht, nach denen das beliebte Büchermöbel übermäßig mit giftigem Formaldehyd belastet ist. Aus den weißen Regalen des Modells „Billy“, die der Stern untersuchen ließ, entwichen Foramldehyd- Mengen, die bis zu 400 Prozent über dem gesetzlichen Grenzwert liegen. Zweifel an den Meßverfahren, die die fünf vom Stern beauftragten Labors angewendet haben, äußerte am Freitag die IKEA Deutschland GmbH in einer Mitteilung. Das Möbelhaus kann bislang die Ergebnisse der Messungen aber nicht widerlegen. „IKEA konnte keine Meßwerte über Ausdünstungen der 'Billy'-Regale vorlegen“. Das berichtete Michael Kröher, vom Stern-Wissenschaftsressort gestern auf Nachfrage der taz. Er war am Donnerstag zum Gespräch in die Hamburger IKEA-Filiale geladen. „Denen steht das Wasser bis zum Hals oder höher“, vermutet Kröher.

Erstmal ging es in die Methodendiskussion, eine immer wieder beliebte Ausflucht der Verursacher, wenn es um Wohn- und Umweltgifte geht. „Es ist offensichtlich, daß die Methoden, die für die infragestehenden Materialien angewendet wurden, irreführende Ergebnisse ausweisen“, verkündete der von IKEA bestellte dänische Materialprüfungsexperte Dr. Sten Dueholm. Die Institute hatten als Testverfahren für die Regalbretter einen Flaschentest und die Gasanalysemethode angewandt. Der Flaschentest sei für lackierte Flächen nicht geeignet, so Dueholm. Hierbei wird ein herausgesägtes Stück Spanplatte in eine geschlossene Flasche mit etwas Wasser gehängt und hinterher gemessen, wieviel Formol ins Wasser gelangt ist. Ob das Reizgas dann aus der Spanplatte oder dem Lack gekommen ist, sei schließlich für den Regalbesitzer egal, sagt Dr. Gerhard Wichmann, dessen LEFO-Institut „Billy“-Bretter untersucht hat. „Fest steht: Wir haben eine Emission gemessen.“ Bei der Gasanalysemethode könnten durch die Prüfungstemperatur von 60 Grad drastisch erhöhte Ergebnisse bei Lacken auftreten, die mit der tatsächlichen Formaldehydabgabe unter normalen Bedingungen in keiner Relation stehen.

„Nur die Prüfung der Klimakammer ist hierfür die bisher einzig richtige Methode“, hält Dueholm dagegen. Die Kammer simuliert bei 23 Grad „reale Wohnzimmerbedingungen“. Inzwischen stehen in mehreren von IKEA und vom Stern beauftragten Instituten Billy-Regalbretter in Klimakammern. Noch ist nicht raus, was rausgast, denn das Testverfahren dauert mehrere Wochen. VM

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