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Viriler schwarzer Sheriff

■ Beispiele des „Blaxploitation“-Films sind auf Pro7 zu sehen

Einer der gelungensten Gags in Eddy Murphys neuer Komödie „Boomerang“ wird den meisten europäischen ZuschauerInnen wohl unverständlich bleiben: als ein Werbeclip neu geschnitten werden soll, sitzt am Schneidepult niemand geringeres als Melvin Van Peebles, einer der einflußreichsten Regisseure des schwarzen Kinos der sechziger und siebziger Jahre.

Nach vergeblichen Bemühungen in Hollywood hatte Van Peebles in Frankreich seinen Debütfilm „Story of a Three Day Pass“ realisieren können. Er sorgte 1967 beim San Francisco International Film Festival für Aufsehen. Seinen nächsten Film drehte Van Peebles für Columbia, sein kompromißlosestes Werk aber schuf er auf eigene Rechnung: „Sweet Sweetback's Baadassss Song“ war eine militante Attacke gegen das weiße Amerika, die das Bild des schwarzen Filmhelden nachhaltig veränderte und Filme ermöglichte wie „Shaft“ und „Super Fly“. Neben diesen Welterfolgen, die das neu gewonnene Selbstbewußtsein reflektierten, entstanden Billigvarianten mit schwarzen Hauptfiguren, die sich durch ihre aggressive Haltung Weißen gegenüber von den etablierten schwarzen Schauspielern wie Sidney Poitier oder Harry Belafonte abhoben. Auf der Leinwand entluden sich angestaute Frustrationen in einer Form, die selbst Mitglieder der schwarzen Gemeinde zutiefst verstörte. Unter der Vielzahl derartiger „Blaxploitation“-Filme, oft schlechte, teils unfreiwillig komische B-Movies, findet sich aber auch ein Quantum ambitionierter Werke.

Jim Brown, zwischen 1957 und 1965 der Football-Star schlechthin, war schon vor der „Blaxploitation“-Welle einer der ersten schwarzen Action-Helden des US- Kinos. Von der Kritik belächelt, machte der virile Mime gleichwohl rasch Karriere innerhalb des Mainstream-Kinos. Neben Van Peebles' Underground-Kino waren es unter anderem Browns Kassenerfolge, die die Welle der „Blaxploitation“- Movies auslösten – 1972 verfügten die Afroamerikaner über Gesamteinkünfte von 100 Milliarden Dollar und bildeten eine attraktive Zielgruppe. Auch das weiße Publikum sah es gern, wenn die Sportskanone Jim Brown die Schurken in Klump schlug, aber allzu frech sollte der schwarze Mann dann doch wieder nicht sein. Teile der amerikanischen Öffentlichkeit protestierten heftig gegen die Bettszene aus „100 Gewehre“, in der sich der schwarze Sheriff Jim Brown und das weiße Sexsymbol Raquel Welch miteinander vergnügen. Die Produzenten, denen der rassistische Wirbel nicht ganz unrecht kam, suchten später die Gemüter zu beruhigen, indem sie verbreiteten, Raquel Welch sei in der Szene gedoubelt worden. Harald Keller

Auf Pro7: „100 Gewehre“, Sonntag, 8. November, 22.05 Uhr

„Der Pate von Harlem“, Dienstag, 23.10 Uhr, und Freitag, 2.25 Uhr

„Visum für die Hölle“, Mittwoch, 11. November, 23.10 Uhr, und Samstag, 14. November, 2.35Uhr

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