„Das ist Alltag“

■ Fragen an Albanerführer Nevzat Halili

taz: Wie werten Sie den Vorfall in Skopje?

Halili: Das ist tragischer Alltag für alle Nicht-Makedonier. Regelmäßig kommt es in Skopje zu Razzien gegen Roma, Türken und Albaner. Immer sind es mazedonische Polizisten, die Konflikte provozieren. In diesem Fall haben sie ein Kind zusammengeschlagen; die Erwachsenen glaubten, es sei tot, und die Rebellion begann.

Aber Sie predigen doch immer Gewaltlosigkeit.

Wir wollen unsere politischen Anliegen politisch durchsetzen. Aber bei einer konkreten Provokation können sie die Emotionen nicht mehr zurückhalten. Erst letzte Woche ist in dem Dorf Luboten unweit von Skopje ein albanisches Kind von der albanischen Polizei erschossen worden. Immer sind die Sicherheitskräfte bereit, mit unglaublicher Härte vorzugehen. Polizeistreifen tragen Kalaschnikows und Tränengasgranaten bei sich — und wenden sie an.

Was fordern Sie von der mazedonischen Regierung?

Sie muß sofort einen Untersuchungsauschuß einsetzen, an dem alle Parlamentsparteien teilnehmen. Gemeinsame Polizeistreifen aus Mazedoniern und Albanern müssen gemeinsam für Ruhe und Ordnung sorgen. Die Verfassung muß so geändert werden, daß wir als Albaner nicht nur bürgerliche Rechte besitzen, sondern auch alle Minderheitenrechte. Die werden überhaupt nicht garantiert.

Da verhält sich Skopje unnachgiebig...

...und provoziert so einen Bürgerkrieg. Die Gefahr ist groß. Aber ohne uns Albaner, die mindestens 30Prozent der Einwohner stellen, geht nichts. Man muß uns einbeziehen, als staatstragendes Volk, das gemeinsam mit dem mazedonischen Volk einen demokratischen Staat aufbauen will. Jetzt sehen die Mazedonier in uns Fremde. Das ist ein unhaltbarer Zustand. Aber versuchen Sie das einem mazedonischen Politiker zu erklären. Die verstehen nicht: Was in Sarajevo passiert, kann sich hier wiederholen. Interview: hof