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Glanz und Elend der Parallelwelt

■ Sein „Mad TV“ hält sich ganz oben in den Charts: Stefan Hoffmann, Spieleprogrammierer / Die Bremer Computerkids, 5. Folge

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das verrückte Bild

„Mad TV“

Wie im wirklichen Fersehen: „Mad TV“ von Stefan Hoffmann

Und Hoffmann schuf am Ende das Sendegebäude, elf Stock hoch schuf er es, und sprach: Nun lauft schon endlich, ihr gottverfluchten Männlein, und seid nun euerm User untertan, und es geschah also, und Hoffmann sahe, daß es sehr gut war. Und es ward Abend, und es ward Morgen: sechster Tag.

Am siebten Tage aber, Hoffmann ratzte zutiefst nach all dem Getüftel, kam Mad TV auf den Markt und schlug ein und verkauft sich nun seit einem Jahr zu Tausenden; Listenpreis: 120 Mark. Mad TV war Hoffmanns erster großer Erfolg und überhaupt kein Wunder: Seit Jahren nämlich programmiert Stefan Hoffmann ohne Unterlaß, „und nie was Ernsthaftes“, sagt er, immer nur Spiele, als solcher einzig in ganz Norddeutschland; aber erst im reifen Alter von 23 hatte er, sagt er, „das nötige Durchhaltevermögen“.

Es ist nämlich das Erschaffen von neuen Welten zeitweise eine Qual und schon gar nicht so rasch getan, wie oben die Bibel, typisch Presse, behauptet. Sechzehn Monate brütete Stefan Hoffmann, der Chefprogrammierer, samt seinem Grafiker über dem Spiel, bis es lief, bis endlich die Fi

gürchen halbwegs mit Sinn und Verstand herumwimmelten, bis sie all ihre Treppen bewältigten und endlich nicht mehr durch die Mauern rannten.

„Sehr schwierig“, sagt Hoffmann, „einer der längsten Programmteile überhaupt.“ Die Kleinen laufen, wenn sie schließlich laufen, in einem unsichtbaren räumlichen Koordinatennetz, auf daß sie etwa nach hinten zu sich perspektivisch verkleinern, und jede mögliche Szenerie muß hier neu aufs Haargenaueste eingepaßt werden.

Bloß unterdessen stürzt schon wieder dreimal das Programm ab, und wenn es schließlich läuft, fängt erst die Suche nach all den versteckten Fehlern an. „Harte Arbeit“, sagt Hoffmann, „man glaubt ja nicht, was alles schiefgehen kann, ja man will es am Ende nicht mehr wissen“.

Das ist die Stunde, da seine Spieletester auf den Plan treten. „Am besten sind da die ganz Ahnungslosen, die nicht mal wissen, was 'ne Maus ist“, sagt er, „die kriegen alles kaputt“. Aber nach einer Woche muß er sich meist schon wieder neue Dumme besorgen: „Dann sind die alten ja leider fit.“

Am liebsten würde Hoffmann unentwegt Grafik-Adventures erfinden; das simulierte Mad TV hingegen, allwo man gegen zwei gegnerische Sender um Einschaltquoten kämpft, war da eher ein Ausrutscher; ein Auftragswerk für die Firma Rainbow Arts, die in einem Wettbewerb auf Hoffmann gestoßen war.

Schon hockt er aber wieder per Lotossitz in seinem winzigen Zimmer und hat ein neues Spiel in Arbeit, genannt Terry's Terrific Time Travels, da geht es nun wieder um das bewährte Herausfinden aus „Parallelwelten“, wo die alten Kelten einen gern in den Folterkeller schleifen und guter Rat teuer ist.

Die Diskette soll erst mal einer PC-Zeitschrift beigelegt werden; wenn das Spiel ankommt, will Hoffmann auf den umkämpften Markt, wo man echtes Geld verdient. Eine kleine Firma ist in Gründung; seine Partner hausen im Sauerland, mit Bremen hat er wenig zu tun. „Mein Job ist einer wie jeder andere. Was soll ich mit Leuten, die das nur nebenher machen?“

Selbst mit den beflügelten Demo-Artisten, die einander mit immer neuem Grafik-Gewirbel verblüffen, kann er wenig anfangen: „Die verplempern nur ihr Talent. Ein zweites Mal schaut sich diese rotierenden Würfel doch keiner an“, sagt er, „da lob ich mir ein gutes Spiel, und wenn's noch so armselig präsentiert wäre.“

Seine eigenen wird er damit nicht meinen; die sind grafisch auf Zack und machen dem User keine unnötigen Beschwerden; umso langwieriger ist die Arbeit daran. Schon ein durchschnittliches Programm würde ein Buch mit gut 500 Seiten füllen. Deshalb sitzt Hoffmann, sonst ein rigoroser Spielecrack, jetzt erstmals an einem quasi ernsthaften Programm, einem Programm nämlich zur schlußendlichen Erleichterung des Spieleprogrammierens.

Von andern ist ja kaum was zu holen. „Selbst wenn ich das Quellprogramm von Monkey Island hätte, könnt' ich damit kaum was anfangen“, sagt Hoffmann, „da blickt ja keiner mehr durch“. Alles muß man also selber machen: erst den Spielerohbau und die sturen Routinen, welche erst mal beliebige Objekte vergrößern, verkleinern oder drehen können; dann die Figuren und ihre kalten geometrischen Räume; dann erst kommen die Bilder hinzu, die Hintergründe; dann erst laufen die Männchen und blubbern ihre Sprechblasen; dann erst kann Hoffmann mühselig alles aufeinander abstimmen und dafür sorgen, daß Terry nicht über den Brunnen hinwegläuft, sondern hineinfällt; daß der Kronleuchter, sofern ihn einer ausknipst, nicht im nächsten Bild wieder leuchtet; daß also des Spielers Fuß an keinen Stein stoße.

Am Ende aber, wenn in allen erdenklichen Varianten nur noch geschehen kann, was Hoffmann vorausbestimmt hat, darf man, im Schöpfersinne, durchaus von einer Vollendung sprechen. Manfred Dworschak

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