■ Bußgelder in Kempten gegen Taubenfütterer: Strafzettel gegen Vogelfreunde
Kempten (taz) – Es war abzusehen, daß ein Aufschrei durch die Reihen der Tierschützer geht, wenn der Stadtrat den Beschluß faßt, die Tauben amtlicherseits töten zu lassen. Doch die Kemptener Stadtväter wissen sich nicht mehr anders zu helfen. Zuviel Taubendreck zerstört historische Gebäude, gefährdet auf Spielplätzen die Gesundheit von Kindern. Den Grund sehen die Räte in einer drastischen Vermehrung der Haustaube. Also beschloß der Rat der Allgäumetropole, die Taubenplage konsequent anzugehen. Dem Ordnungsausschuß des Stadtrates blieb es zu beschließen, daß fortan die überzähligen Tauben eingefangen, betäubt und dann „fachgerecht getötet“ werden sollen. Fachgerecht töten heißt im Klartext: „Genickbruch im Schlachthof“.
Prompt empörten sich die Mitglieder des Kemptener Tierschutzvereins. So dürfe man der Plage nicht begegnen, es müßten andere Mittel und Wege gefunden werden. Der Artikel16 des Landesstraf- und Verordnungsgesetzes, so der stellvertretende Vorsitzende des Vereins, Herbert Pollert, regele eindeutig, wie zu verfahren sei. Zur Bekämpfung verwilderter Tauben sei es möglich, ein Fütterungsverbot zu erlassen. Diese natürliche Auslese sei bewährt und erfolgreich. Das freilich stieß bei den Stadtverantwortlichen auf wenig Gegenliebe. Kemptens Stadtdirektor hält das Fütterungsverbot mangels Kontrollmöglichkeiten für ein untaugliches Mittel.
Ganz anders sehen das die Tierschützer. Sie haben jetzt genau aufgezeigt, wie's laufen könnte. An den entsprechenden Plätzen, im Umfeld historischer Bausubstanz oder auf Kinderspielplätzen, sollte die kommunale Verkehrsüberwachung tätig werden. Nicht nur immer Strafzettel für Falschparker sollen nach Auffassung von Herbert Pollert die Politessen verteilen, sondern sie sollten gefälligst in Zukunft auch das verbotene Taubenfüttern kontrollieren. Wer sich widersetzt, muß dem Amt gemeldet und dann per Bußgeldbescheid abgemahnt werden.
„Es wäre ganz einfach. Die Stadt müßte nur eine entsprechende Verordnung erlassen, und schon hätten wir das Instrument, um gegen das unsinnige Taubenfüttern vorzugehen“, sagt Tierschützer Pollert. In einem offenen Brief an den Oberbürgermeister wollen die Mitglieder des Tierschutzvereins erreichen, daß das brutale Töten eingestellt wird. Sollten sich die Tierschützer durchsetzen, wäre Kempten wohl die erste Stadt, die Strafzettel gegen Taubenfüttern verhängt. Klaus Wittmann
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