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Keine Anatevka-Rührseligkeit

■ Am Samstag beginnen die Jüdischen Kulturtage

Berlin. Mit der Anatevka- Broadway-Rührseligkeit haben die Organisatoren der 7. Jüdischen Kulturtage nichts im Sinn. Vielmehr will die Jüdische Gemeinde unter der Programmverantwortung von Andreas Nachama das heutige lebendige „Jüdische Leben in Osteuropa“ und das „Osteuropa im jüdischen Leben“ vorstellen. Vom 14. bis zum 27. November finden 37 Veranstaltungen statt, darunter eine Film-Retrospektive, acht Lesungen und eine Reihe von Konzerten.

Sowohl die Organisation als auch die Konzeption der diesjährigen Kulturtage unterscheiden sich von den vergangenen. Eine Lehre, die aus dem Debakel der letztjährigen Kulturtage gezogen wurde, lautet Teamarbeit. Andreas Nachama, ausgewiesen durch die erfolgreiche Ausstellung „Jüdische Lebenswelten“, hat es geschafft, eine ganze Reihe von Intellektuellen zur ehrenamtlichen Mitarbeit zu gewinnen. Für die Präsentation der Filmreihe im Arsenal zeichnet Ulrich Gregor. Zum ersten Mal in Berlin zu sehen sein wird Marcel Lozinskis Film „7 Juden von meiner Klasse“ (17.11.) und Itzhak Fintzis Arbeit „Die Zählung der wilden Hasen“ (23.11.). Am 26.11. spricht der international renommierte Eisenstein-Spezialist Naum Kleemann über jüdische Themen im russischen Film.

Ein Schwerpunkt sind die „Literarischen Begegnungen“. Im eigens für die Kulturtage eingerichteten „Café Blumenfeld“ (eine Hommage an Joseph Roth) im Hotel Savoy werden Autoren zu Wort kommen, die der zweiten Generation nach der Shoa angehören. Peter Ambros hat die in Berlin neu vorgestellten Texte in einem für die Kulturtage herausgegebenen Sonderband der Zeitschrift Sirene zusammengestellt. Auftakt der Literaturreihe ist am Sonnabend eine Veranstaltung im Jüdischen Gemeindehaus. Henryk M. Broder moderiert eine Diskussion zwischen acht osteuropäischen Schriftstellern über „Untergänge und Neuanfänge“. Der Neubeginn des jüdischen Lebens in Osteuropa nach dem Holocaust wird ebenfalls dokumentiert durch die Bilder des amerikanischen Fotografen Edward Sarotta im Amerika-Haus.

Die herausragendsten musikalischen Ereignisse sind die Auftritte von Chava Alberstein mit den Klezmatics (15.11.) und das synagogale Konzert des Oberkantors der Jüdischen Gemeinde, Estrongo Nachama im Schauspielhaus (22.11.). Das „größte Abenteuer“, weil einige Akteure noch Visa- Probleme haben, könnte die Vorstellung „Jüdisches Babylon“ des Staatlichen Jüdischen Musik- Theaters aus Moskau (17./18.11. im Gemeindehaus) sein.

Die Festtage enden mit einer Erinnerung. Am 29.11. wäre Heinz Galinski achtzig Jahre alt geworden. aku

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