: „Ich denke an das Kind in mir selbst“
■ Ein Gespräch mit Astrid Lindgren
taz: Sie haben mit dem Schreiben begonnen wegen eines Riesen namens Bam Bam und eine Fee mit Namen Viribunda...
Astrid Lindgren: Mein Bruder und ich waren in der Küche der Tochter unseres Kuhknechts. Sie fing an zu erzählen, und das war wie ein Wunder für mich. Das war das erste Mal, daß ich verstand, was Märchen sind... Ich weiß nicht: Vielleicht hätte ich auch geschrieben, wenn ich das nicht gehört hätte. Aber es hat mit doch so viele ideen in den Kopf gesetzt.
Sie sagen, daß Sie nicht für andere schreiben und auch nichts bewirken wollen...
Das stimmt. Ich werde immer wieder und wieder gefragt, wozu ich die Kinder erziehen will. Ich sage dann immer: Ich denke nicht an die Kinder. Ich denke überhaupt nur an das Kind in mir selbst.
Kann dieses Kind ganz ohne Zwänge leben – so wie „Pippi Langstrumpf“?
Ja, ganz ohne Zwänge. Und es wäre gut, wenn alle Kinder das könnten.
Werden denn die Kinder heute ernst genug genommen?
Es hat sich ein wenig geändert. Eigentlich ist es wohl noch immer so, daß die eltern glauben, sie wissen alles besser als ihre Kinder. Aber man nimmt die Kinder etwas ernster als früher.
Glauben Sie, daß Ihre Bücher dazu beigetragen haben?
Vielleicht... ich hoffe es.
Als Sie „Pippi Langstrumpf“ schrieben, war es gar nicht für eine Veröffentlichung vorgesehen...
Nein, als ich „Pippi“ schrieb, hatte ich keine Ahnung, daß es überhaupt als Buch erscheinen würde. Ich habe es für meine Tochter geschrieben, als Geburtstagsgeschenk. Und nachdem ich es geschrieben hatte, dachte ich: Vielleicht kann man es einem Verleger zeigen. Aber ich war ganz sicher, daß er es nicht haben wollte. Und das stimmte. Der erste Verleger, dem ich das Buch angeboten hatte, sagte, das ginge nicht. Dann habe ich ein Jahr später das Manuskript zu einem Wettbewerb geschickt, und da bekam es den ersten Preis.
Würden Sie heute rückblickend sagen, daß Sie die Kinderbuchwelt verändert haben?
Sie ändert sich allmählich ein bißchen. Ein Buch von vor 100 Jahren ist natürlich nicht dasselbe wie ein Buch heute. Aber die Kinder haben sich nicht so sehr geändert. Ich weiß nicht, woran das liegt, aber ich habe das Gefühl, das es so ist. Stefan Koldehoff
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