: Wenig Kritik an Demo-Einsatz
■ Mehrheit im Innenausschuß billigt Polizeitaktik vom 8.November/ Polizeichef: Störer kamen nicht aus Kreuzberg
Berlin. Die Polizei hätte nach Meinung der überwiegenden Mehrheit der Abgeordneten im Innenausschuß des Abgeordnetenhauses die „Ausschreitungen“ bei der Großdemo gegen Ausländerfeindlichkeit am 8.November auch mit einer anderen Strategie nicht verhindern können. In der gestrigen Sitzung des Ausschusses kritisierte lediglich der FDP-Abgeordnete Rolf-Peter Lange, der Polizei hätten schon Tage vorher Erkenntnisse über die Vorgehensweise der Störer vorliegen müssen. Im Zweifelsfall, so Lange, müßten „zehn Reihen Polizisten vor der Bühne plaziert werden“. Die SPD bezeichnete das Verhalten der Polizei als „im Endeffekt richtig“. Sie sei nicht daran schuld, daß es zu den „tragischen Konflikten“ gekommen sei.
Polizeipräsident Hagen Saberschinsky rechtfertigte gestern vor dem Ausschuß den Polizeieinsatz vom 8. November. Ein härteres Vorgehen gegen die Störer hätte zu einer Panik bei den friedlichen Teilnehmern der Demonstration führen können, sagte er. Die Polizei habe jeden Papierkorb überprüft und unter jeden Gullideckel geschaut. Saberschinsky kritisierte die Sicherheitsvorstellungen der Veranstalter. So habe die Polizei sogar entgegen den ursprünglichen Wünschen der Veranstalter den Sicherheitsabstand zwischen Tribüne und Zuschauern von acht auf 25 Metern erhöht. Auch sei die Zusage, 2.000 bis 3.000 „aufrechte Demokraten“ in die erste Reihe zu stellen, von den Veranstaltern nicht eingehalten worden. Die „Aufklärer“ der Polizei hätten Schwierigkeiten gehabt, Gewalttäter zu erkennen, da diese „bürgerlich gekleidet“ gewesen seien. Ermittlungen hätten ergeben, daß ein Großteil der Störer nicht aus Kreuzberg, sondern aus den Bezirken Mitte, Prenzlauer Berg, Friedrichshain und Lichtenberg stammten, berichtete der Polizeipräsident. Der CDU-Abgeordnete Klaus Wienhold hatte zuvor gefragt, was der Rechtsstaat tue, um „den Kriminellen in Kreuzberg das Handwerk zu legen“.
Innensenator Dieter Heckelmann (CDU) bestätigte, daß die Schüsse, die vor der Bühne fielen, aus der Waffe eines BKA-Beamten stammten, der zum Personenschutz des SPD-Bundestagsabgeordneten Hans-Jochen Vogel gehörte. Heckelmann sagte, es gebe keine Erkenntnisse, daß auf den Bundespräsidenten Steine geworfen worden seien.
Kritik wurde im Innenausschuß an der BVG laut. Die Verkehrsbetriebe hätten sich nicht ausreichend auf die Hunderttausenden von Demonstranten eingestellt. Auf dem überfüllten U-Bahnhof Wittenbergplatz, so wurde vor dem Ausschuß berichtet, konnten zeitweise keine Menschen mehr aus den Zügen aussteigen. mal
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