: Währungsunion? Ja, aber...
■ Bundesbankpräsident Helmut Schlesinger stellt Bedingungen für die Einführung der neuen EG-Währung
Straßburg/Frankfurt (AP/taz) – Bundesbankpräsident Helmut Schlesinger hat gestern Bedingungen für die Einführung einer gemeinsamen europäischen Währung genannt. Vor der interfraktionellen Arbeitsgruppe des Europäischen Parlamentes in Straßburg forderte er vor allem eine für alle EG-Staaten verbindliche und stabilitätsorientierte Geld- und Währungspolitik als Voraussetzung dafür. „Den Deutschen kann eine europäische Währung nur angeboten werden, wenn gesichert ist, daß sie so stabil sein wird wie die D-Mark“, sagte Schlesinger.
Alle wirtschaftlichen oder politischen Vorteile einer Europäischen Union könnten einen Verlust an Geldwertstabilität nicht aufwiegen. Entscheidend werde sein, daß die an der Spitze der Europäischen Zentralbank stehenden Personen auch in Konfliktsituationen bereit seien, die ihnen vom Statut gegebenen Möglichkeiten auszunutzen. Schlesinger setzte sich für eine mittelfristig orientierte Politik der Zentralbank mit einem Geldmengenziel als Zwischenschritt ein.
Schon vor Eintritt in die Endstufe der Währungsunion könnten vertrauensbildende Maßnahmen ergriffen werden. „So kann der Ausschuß der Notenbankgouverneure schon jetzt Maßstäbe für die Kooperation in der Geldpolitik setzen.“ Dabei müsse die Geldwertstabilität Vorrang vor der Wechselkursstabilität haben. „Das heißt auch, daß ein Land nicht unter Druck gesetzt werden kann, seine Geldpolitik in einem Stadium aufzuweichen, in dem die Inflationsbekämpfung noch nicht erfolgreich war“, wehrte sich Schlesinger gegen den Druck aus den anderen europäischen Ländern, die deutschen Zinsen zu senken. „Einen ganz erheblichen Beitrag zum Aufbau eines Vertrauenskapitals für eine Europäische Zentralbank können die EG-Staaten schon heute dadurch leisten, daß sie ihre nationalen Zentralbanken bald in die Unabhängigkeit entlassen“, fuhr er fort. Ein wesentlicher und ungelöster Konfliktpunkt liege jedoch darin, daß in der Geldpolitik die nationale Souveränität aufgegeben werde, in der staatlichen Finanzpolitik in den nächsten Jahren nicht.
Gegenwärtig trage noch jedes Mitgliedsland, das sich übermäßig verschulde, das Risiko selbst. „In der Währungsunion sind die Risiken des Zinsanstiegs und der Abwertung jedoch vergemeinschaftet“, sagte Schlesinger. Deshalb forderte der Bundesbankpräsident restriktive Regeln für die nationale Defizitpolitik.
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