piwik no script img

„Nicht bei Kindern sparen“

■ Eltern und ErzieherInnen demonstrierten für Qualität in Kinderbetreuung hier das foto mit den Kindern rein

In einem symbolischen Akt sind gestern die Bremer Stadtmusikanten „ausgewandert“. Veranlaßt wurde dieser „Protest“ von den Personalräten im Amt für Soziale Dienste. Anlaß: die Sparbeschlüsse für den Kindergarten- und Hortbereich. „Die Kinder sind die Leidtragenden“, proklamierten die rund 250 ErzieherInnen und Eltern, die sich gestern bei strömendem Regen zu einer Demonstration am Denkmal der populärsten Bremer Selbsthilfeinitiative, den Bremer Stadtmusikanten, trafen. „Wir wollen Qualität nicht Quantität“, skandierten sie. Die Sparvorstellungen, Gruppengrößen von 18 bis 20 auf demnächst 22 Kinder zu erhöhen, lehnen sie aus pädagogischen Gründen vehement ab. „In einer Zeit, in der Jugendkriminalität, Gewalt an Schulen und Rechtsradikalismus gerade in Gruppen zunehmen, bauen wir auf eine Erziehung, die jedes einzelne Kind individuell sieht“, so die Personalräte.

Weiterer Streitpunkt im Sparkonzept des Senats: die Einführung möglichst vieler Halbtagsgruppen. Um Personal zu sparen, soll das Betreuungsangebot wo möglich auf vier Stunden begrenzt werden. „Im Hortbereich führt das zwangsläufig zur reinen Aufsichtstätigkeit“, so ein Hortpädagoge. Doch gerade wenn Unterricht ausfällt oder laut Stundenplan bereits am Vormittag Freizeit bleibt, müßte das Hortangebot greifen. Insofern müßten Teambesprechungen und Vorbereitungszeiten eingeplant werden, um die pädagogische Betreuung sicherzustellen. Bei einem Vier-Stundenjob wäre dies nicht mehr leistbar. Selbst das Einsparen von Reinigungskräften darf nach Ansicht der PädagogInnen nicht durchgesetzt werden. „Die Reinemachfrauen arbeiten auch während der Anwesenheitszeit von Kindern. Ihr Tun wird erlebt, so daß die Kinder mithelfen wollen und Kontakte suchen“, so Jutta Mau vom Personalrat. Der Rotstift dürfe deshalb auch in diesem Bereich nicht ansetzen.

„Offensichtlich will Bremen sein Versprechen nach mehr Kindergartenplätzen durch die Streichung in vorhandenen Kindergärten mitfinanzieren“, mutmaßt Mau. Die Senatskommission für das Personalwesen, verantwortlich für den Spar-PEP (Personalentwicklungsplan) solle stattdessen lieber mal in der Verwaltung nach Möglichkeiten zur Entbürokratisierung suchen, schloß die Demonstration gestern mit großem Applaus ihre Versammlung an den Stadtmusikanten. ra

Lesen gegen das Patriarchat

Auf taz.de finden Sie eine unabhängige, progressive Stimme – frei zugänglich, ermöglicht von unserer Community. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen