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■ StandbildFremde Nähe

Das Roma-Theater „Pralipe“, Do., 23.15 Uhr, ZDF

„Pralipe“ heißt soviel wie Brüderlichkeit. In dem Film „Fremde Nähe – Das Roma- Theater ,Pralipe‘ in Deutschland“ zeichnen Susanne Müller- Hanpft (Buch) und Martin Bosboom (Regie) ein Bild des außergewöhnlichen Ensembles. „Pralipe“ stammt aus Skopje, das heißt vielmehr aus der Barackensiedlung Schutka, in der bis zu 50.000 Roma leben. Die meisten von ihnen sind Analphabeten und leben in noch ärmeren Verhältnissen als die ohnehin nicht wohlhabenden BewohnerInnen der Region.

Dort gründete Anfang der Siebziger der Regisseur Rahim Burhan die Theatergruppe. „Sie waren in diesem Land geächtete, unterdrückte Außenseiter, und das sind sie wohl überall in der Welt“, sagt dazu Regisseur Goran Stefanovski. „Ihre besondere Stärke besteht darin, daß sie es verstehen, die Ethik der Unterprivilegierten hinter sich zu lassen.“

So kam das Ensemble zu internationalem Ruhm. Doch trotz seiner Erfolge hätte „Pralipe“ aus finanziellen und politischen Gründen in Skopje nicht überleben können. Seit 1991 sind die 15 Mitglieder des einzigen Roma- Theaters Europas in Deutschland.

Roberto Ciulli, Leiter des Theaters in Mülheim an der Ruhr bot der Gruppe eine neue künstlerische Heimat. Hier träumt Pralipe von einem Europa mit Menschen, die ihre nationale Identität nicht aus Landesgrenzen, sondern aus ihrer Kultur beziehen.

In Mühlheim führt Pralipe klassische Stücke in der Roma- Sprache Romanes auf. Der Film zeigt Ausschnitte aus den beiden erfolgreichen Inszenierungen von Lorcas „Bluthochzeit“ und Shakespeares „Othello“. Die ausdrucksstarken Bilder dieses expressiven, ritualisierten Theaters wechseln sich im Film mit Interviews von Pralipe-Kennern und Bildern aus Skopje und Mühlheim ab. Sind diese pathetischen Bilder der Inszenierungen auch verführerisch schön, so verläßt sich der Film doch zu sehr auf ihre Wirkung und vernachlässigt darüber weitere Informationen über die Lebensgeschichten der Ensemblemitglieder, die Bedeutung ihrer Arbeit oder die Einschätzung ihrer jetzigen Lage in Deutschland. Nach diesen Gesichtspunkten wird der Film dem in einer Vorankündigung versprochenen Anspruch einer Ausleuchtung der Lebensumstände der Roma nur begrenzt gerecht. M. Burandt, S. Heimannsberg, R. Herding, ID Bremen (Informationsdienst Netzwerk Alternative Publizistik)

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