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Frankreich: Grüne Imagepflege

Nach jahrelangem Raubbau an der Natur soll der Umweltschutz staatlich geförderte Priorität erhalten.Späte Rückbesinnung auf Tradition und Gemütlichkeit  ■ Von Greta Maiello

Im französischen Wintersporttourismus hat das große Umdenken begonnen. Nach jahrelangem hemmungslosen Umgang mit der Natur und gedankenlosen Eingriffen in die Berglandschaften soll die Umwelt wieder Priorität erhalten. Rückbesinnung auf Tradition, gemütliches Ambiente für Familienurlaub, Schutz von Fauna und Flora lautet die neuen Devise. Bürgermeister von 101 Wintersportorten und Vertreter der verschiedenen Branchen des Bergtourismus einigten sich auf eine Reihe von Maßnahmen, von denen sie sich einen Ausweg aus der Flaute erhoffen. Das Fremdenverkehrsministerium gab Rückendeckung. Mit einem auf 12O Millionen Franc (36 Millionen Mark) angesetzten dreijährigen Aktionsplan sollen die Urlaubsgebiete in Frankreichs Bergen ein neues Image erhalten.

Doch dafür ist es in einigen Regionen vielleicht schon zu spät. Vor allem in Hochsavoyen sind manche Orte zu seelenlosen Skistationen mit dem Charme Pariser Arbeitervorstädte verkommen. Beispiele sind Tignes, La Plagne oder Les Menuires. Es war nicht nur der Schneemangel der vergangenen Jahre, der den französischen Wintersport in eine sogar von Tourismusminister Jean-Michel Baylet als katastrophal bezeichnete Lage gebracht hat. In den französischen Bergen wurden Bettenburgen zur Kapazitätssteigerung „hingeklotzt“ und rücksichtslos Bergrücken für ein dichtes Pistennetz gerodet, ganz zu schweigen von den Superanlagen für die Olympischen Winterspiele im vergangenen Februar. Attraktiv war das allenfalls für eine größtenteils junge Skiläufergeneration, die sich die Bretter am liebsten gleich am Frühstückstisch unter die Füße schnallt. Nachhaltig abgeschreckt wurden jedoch Urlauber, die auf Gemütlichkeit, Entspannung und Natur Wert legen.

Nach einer Marketingstudie ist für 70 Prozent der Winterurlauber Ski nicht alleine ausschlaggebend für Ferien in den Bergen. Der Anteil derer, die gar nicht oder sehr wenig Ski laufen, ist zwischen 1985 und 1990 von zehn auf 21 Prozent angestiegen. Ein neues Konzept war also dringend notwendig, zumal die Gästezahlen aus dem In- und Ausland je nach Gebiet stagnieren oder empfindlich sinken. Im Fremdenverkehrsministerium in Paris wird zugegeben, daß vor allem die als besonders umweltbewußt geltenden Deutschen französische Wintersportorte meiden und „nicht nur aus sprachlicher Bequemlichkeit lieber nach Österreich fahren“. Kein Wunder, daß Deutschland denn auch mit Belgien, den Niederlanden und Spanien zu den vier Ländern gehört, in denen der französische Wintertourismus von sofort an besonders massiv um neue Kunden wirbt. Aber auch in anderen Ländern und in Frankreich selbst läuft die kostspielige Werbung auf Hochtouren.

Familien wird in zahlreichen Wintersportorten wie Chamonix, Megeve, Val d'Isere, Les Arcs oder Val Thorens zwischen dem 19. und 26.Dezember gar ein kostenloser Aufenthalt für das vierte Familienmitglied angeboten. Zum „Schutz der Natur und des kulturellen und architektonischen Erbes der Bergwelt“ haben sich das Tourismusministerium und der 1990 gegründete Verband „Les Professionels Associes de la Montagne“ darauf geeinigt, gerodete Flächen aufzuforsten, Pisten wieder mit Rasen zu bepflanzen, Neubauten mit Holz oder Naturstein zu verkleiden, neue Wanderwege anzulegen, in den Orten Fußgängerzonen einzurichten und die herkömmlichen Ortsstrukturen weitgehend zu erhalten. Um sich als Winterferienziele für die ganze Familie zu profilieren, wollen die Wintersportorte künftig ihr Angebot nicht nur um neue Skisportarten wie Buckelfahren oder Trickski erweitern, sondern auch um ein vielseitiges Unterhaltungsprogramm mit Kultur, Fitneßtraining, Fackelwanderungen, Fahrten im Pferde- oder Hundeschlitten. Und nicht zuletzt soll den Gästen mehr Komfort und größere Zuvorkommenheit geboten werden.

Die insgesamt 164 französischen Wintersportstationen mit 1,4 Millionen Betten machen nach offiziellen Zahlenangaben einen Umsatz von 17 Milliarden Franc (5,1 Milliarden Mark) und sind damit ein wichtiger Faktor in der französischen Wirtschaft. Für die nächste Zeit wurde ihnen eine Pause für neue größere Bauvorhaben verordnet, um das Angebot der Nachfrage anzupassen und weil die Grenzen der Umweltbelastbarkeit längst erreicht, wenn mancherorts nicht gar bei weitem überschritten sind.

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