■ Das Portrait: Lothar Bisky
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Foto: Mathias Thurm
Ein Nachfolger für den scheidenden PDS-Chef Gregor Gysi ist in Sicht. Nur einen Tag nach der Ankündigung Gysis, beim kommenden Bundesparteitag der SED- Nachfolgepartei Ende Januar nicht mehr als Parteivorsitzender zur Verfügung zu stehen, hat sich der Fraktionschef der PDS im Brandenburger Landtag, Lothar Bisky, grundsätzlich dazu bereit erklärt, die Nachfolge Gysis anzutreten. Eine Bedingung hat der moderate Politiker allerdings gestellt: Er will sich erst in Brandenburg mit dem Landesparteirat und dem Landesvorstand seiner Partei beraten. Ein wesentlicher Punkt dürfte dabei sein, daß die von Bisky vertretene Politik nicht unbedingt die ungeteilte Zustimmung beim PDS-Bundesvorstand findet.
Biskys pragmatischer Politikansatz, der in Brandenburg schon manches Mal der Ampelkoalition bei schwierigen Abstimmungen zu einer Mehrheitsentscheidung verhalf, wird in Teilen der zerstrittenen PDS als zu „sozialdemokratisch“ begriffen. Nach Biskys eigenem Bekunden soll auch geklärt werden, ob ein ein Mitglied des alten Vorstandes neuer Vorsitzender werden soll. Immerhin hat Gregor Gysi in seiner Rücktrittserklärung einen personellen Neuanfang in der Parteileitung gefordert.
Die Amtsübernahme über die verbliebenen 172.000 PDS-Mitglieder macht Bisky vor allem von inhaltlichen Fragen abhängig. Ein neues Parteiprogramm sollte ursprünglich im Januar auf dem 3. Parteitag verabschiedet werden – nach Einschätzung etlicher GenossInnen dürfte es nun aber ein Parteitag werden, auf dem mit dem Votum über den neuen Vorsitzenden entschieden wird, welcher der zerstrittenen Parteiflügel sich durchsetzen wird.
Der 1941 in Zollbrück bei Rummelsburg geborene Diplom-Kulturwissenschaftler ist seit 1963 Mitglied der SED. Er war lange Jahre Rektor der Hochschule für Film und Fernsehen in Potsdam-Babelsberg. Gemeinsam mit Gregor Gysi hatte er unmittelbar nach der Wende in einem Arbeitsausschuß zur Vorbereitung des außerordentlichen SED-Parteitages im Dezember 1989 die Umwandlung der Partei eingeleitet, die sich daraufhin in SED- PDS umbenannte. Bekannt ist Bisky vor allem aus seiner Arbeit als Vorsitzender des Landtags-Untersuchungsausschusses in Potsdam, der die Stasi-Kontakte des brandenburgischen Ministerpräsidenten Manfred Stolpe klären soll. wg
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