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Gerangel um Solidaritäts-Millionen

■ "Verteilerrat Nord-Süd" finanziert erste Projekte aus dem geretteten Millionenerbe der DDR-Staatssolidarität / Der Löwenanteil von 40 Millionen Mark liegt noch immer bei der Treuhand fest

Berlin. Es geht um ein Erbe von 40 Millionen D-Mark: Auf diese stattliche Summe belief sich das Vermögen des staatlichen Solidaritätskomitees der DDR, um das sich entwicklungspolitische Gruppen seit über einem Jahr mit der Treuhandanstalt streiten. Mittlerweile ist gesichert, daß die Gelder der „Dritte Welt“-Arbeit erhalten bleiben.

Doch während das Gerangel um den Löwenanteil, der in eine Stiftung eingebracht werden soll, nun erst einmal in die verwaltungstechnische Runde geht, steht ein aus den Zinsen gebildeter Sofort- Hilfe-Fonds von 1,3 Millionen D- Mark bereits jetzt zur Verfügung.

Zwar sollen mit den Geldern ausschließlich Projekte von Nichtregierungsorganisationen, den sogenannten NGOs, aus den Neuen Bundesländern gefördert werden. Dennoch sitzen im „Verteilerrat Nord-Süd“, der über die Mittelvergabe entscheidet, neben sieben „Ost-NGOs“ auch vier West-ExpertInnen – auf Wunsch der Treuhand.

So verwundert es nicht, daß sich der Verteilerrat in den Projektkriterien stark am Vorbild westlicher Stiftungen orientiert. Doch die bisher beantragten Projekte unterscheiden sich deutlich von denen westlicher Gruppen, berichtet der Leiter der Berliner Landesstelle für Entwicklungszusammenarbeit, Jürgen Varnhorn, der als „Wessi“ mit im Verteilerrat sitzt.

„Die Anträge haben einen wesentlich stärker humanitären Charakter als im Westen, und es gibt viel mehr Projektvorschläge für Osteuropa.“ Auch die Länderschwerpunkte sind andere als im Westen: Mit Vietnam, Angola, Kuba und Mocambique arbeiten viele Gruppen in den Staaten weiter, zu denen auch schon zu DDR- Zeiten gute Kontakte bestanden.

„Viele Menschen, die heute in den Gruppen arbeiten, sind einst als Fachkräfte in DDR-Programmen im Ausland gewesen und wollen jetzt die Kontakte halten“, erklärt Bert Maciy von „OIKOS Eine Welt“ diese Kontinuität.

Viele der noch jungen Gruppen aus den neuen Bundesländern sind dabei, Erfahrungen mit Projektarbeit zu sammeln, haben ihre Schwerpunkte noch nicht gefunden. Der Verteilerrat nimmt sich daher sehr viel Zeit, um die Projektanträge zu diskutieren und auch, um abzuschätzen, ob sich die Gruppen mit bestimmten Vorhaben nicht vielleicht überfordern. Das hat Folgen: Die Anträge stapeln sich. Auch weil die Treuhand erst vor kurzem die Gelder überwies, sind bislang erst rund 250.000 D-Mark ausgegeben.

Die Erfahrungen, die jetzt im Verteilerrat gemacht werden, sollen auch in die Stiftung „Nord-Süd- Brücken“ eingehen, die mit 31 Millionen D-Mark Stammkapital den Hauptanteil des Solidaritäts-Erbes der DDR verwalten wird. Eigentlich sollte sie längst arbeitsfähig sein.

Doch der Streit zwischen dem Solidaritätsdienst International e.V., der zunächst als Rechtsnachfolger des DDR-Solidaritätskomitees die Gelder komplett für sich beansprucht hatte, den Gruppen des Entwicklungspolitischen Runden Tisches und der Treuhand ist noch nicht beendet. Derzeit prüft die Treuhand einen Satzungsentwurf für die Stiftung. Es wird wohl noch bis Mitte nächsten Jahres dauern, bis mit den Solidaritäts- Millionen entwicklungspolitische Arbeit finanziert werden kann, schätzen Mitarbeiter des Runden Tisches. Bernd Pickert

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