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Der Komik-Test

■ Fünf Männer und eine Stand-Up-Comedy auf Kampnagel

auf Kampnagel

Vier leere Stühle stehen vor dem roten Vorhang. Ein Mann stolpert auf die Bühne und glotzt verwundert ins Publikum. Die minutenlange Stille wird nur durch vereinzeltes Gelächter aus dem Zuschauerraum unterbrochen. Sehr witzig ist das alles nicht. Aber den fünf Schauspielern, die mit ihrem Programm Stand-Up am Freitag auf Kampnagel Premiere feierten, geht es nicht allein um Komik, sondern um das Wagnis, den Humor des

1Publikums und seine Grenzen zu erforschen.

Die Stand-up-Komiker sollen die Gedanken- und Gefühlswelt ihrer ahnungslosen „Versuchskaninchen“ vor der Bühne treffen. Lachen die Zuschauer? Wenn nicht, hat der Komiker versagt? „In der Tat kann das Ziel des Komikers sein, den gefährlichen Bereich des Peinlichen und Schmerzlichen zu erkunden“, warnt das Programm. Wie ein Schlüsselloch gewährt der Humor

1Einblick in das Innere des einzelnen Zuschauers, was ihn erschreckt, verletzt - was er will. „Stand Up“ hat nichts mit Entertainment zu tun. Die Zuschauer spielen unweigerlich mit.

Der Brite David Eeles spielt den Chef der Probebühne „Woodclub“. Er stellt dem Publikum die Komiker vor. Die fettigen, halblangen Haare kleben ihm an den Ohren. Immer wieder rückt er seinen beigen 70er- Jahre-Anzug zurecht. Eeles und seine Crew stecken mit Monty Python unter einer Decke. Der spröde englische Humor und die Mimik erinnern an John Cleese in „Clockwise“ oder „The Flying Circus“. Nach Python-Manier bringen sie jedermanns alltägliche Gedanken auf die Pointe, spinnen weiter und treiben es auf die Spitze.

Unfreiwillig komisch gibt sich Ralf Knickerbocker Glory. In einen Schottenrock gehüllt erzählt er mit großen, gutmütigen Augen von den alltäglichen Verwirrungen seiner Persönlichkeit. Martin Hofstra betrachtet seine Depressionen einfach von der „positiven“ Seite. Mit dem Erfolg, daß sich der „Dog“ schließlich als „God“ entpuppt.

Bei den fiesen Witzen von Henryk Nolewajka reißt dem „Woodclub“-Chef der Geduldsfaden, das Chaos bricht aus. Das Stück plätschert geräuschvoll aus, nur das Finale wirkt im Vergleich zu den vielen Höhepunkten des Abends improvisiert. Kirsten Lösch

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