: Stich erreicht das Ende des Regenbogens
■ Durch einen ungefährdeten 6:2, 6:3, 6:2-Erfolg gegen den US-Amerikaner Michael Chang gewann Michael Stich den Grand Slam Cup
Berlin (taz) – „Solange das Geld da ist – nicht nur im Tennis, sondern auch in anderen Sportarten wie Golf oder Formel1 – kann man niemandem einen Vorwurf machen, wenn er es nimmt“, sagte Michael Stich nach seinem Sieg im Grand Slam Cup zu München. Ein wenig peinlich ist es den Top-Tennisspielern, denen das Abkassieren eigentlich nicht allzu fremd ist, schon, daß es bei dieser Veranstaltung, an der die 16 Besten der Turniere von Melbourne, Paris, Wimbledon und Flushing Meadow teilnehmen dürfen, so immens viel Geld zu gewinnen gibt. Knapp 60 Dollar pro Sekunde kassierte Stich in München für die Ausübung seines Berufes, nach dem glatten 6:2, 6:3, 6:2-Finalsieg gegen den Amerikaner Michael Chang fließen zwei Millionen Dollar auf das Konto des Elmshorners – etwa das Doppelte der Summe, die er im restlichen Jahr verdient hat.
„Obszön“ nennt John McEnroe derartige Beträge, und alle Spieler beeilen sich zu versichern, daß das Geld in München beileibe nicht das Wichtigste sei. Stich meinte, er würde lieber für 10.000 Dollar Wimbledon gewinnen, und kündigte wie seine Vorgänger Sampras und Wheaton an, einen Teil der Siegprämie für wohltätige Zwecke zu spenden. Für welche, werde er genau prüfen: „Ich werde nicht jedem 10.000 Dollar in die Hand drücken.“
Einer, dessen Beinchen besonders hurtig über den Platz eilen, wenn es in München um die dicken Geldbündel geht, ist Michael Chang. Vor zwei Jahren erreichte er das Halbfinale, bei den letzten beiden Grand Slam Cups ging er jeweils als Finalverlierer vom Platz und hat sich auf diese Weise auch schon zweieinhalb Millionen Dollar zusammengedroschen. Sein Pech ist es, daß er im Halbfinale immer die schweren Brocken erwischt. 1991 rang er in fünf Sätzen Ivan Lendl nieder und war dann gegen David Wheaton von aller Kraft verlassen, diesmal brauchte er wieder fünf Sätze, um Goran Ivanisevic auszuschalten.
„Ich war heute wohl ein bißchen langsam“, meinte Chang, dessen größter Trumpf seine Schnelligkeit ist, fügte aber hinzu: „Ich glaube nicht, daß das ein wesentlicher Faktor war.“ Entscheidend war eher die grandiose Form des Michael Stich, dem alles gelang, sogar das Kunststück, seinem stoischen Gegner mit einem besonders vertrackten Volleystopp ein herzliches Lächeln abzuringen.
„Egal, was ich gemacht habe, es hat immer funktioniert“, freute sich Stich. Leichte Probleme bekam er nur im dritten Spiel des ersten Satzes, als er vier Breakbälle abwehren mußte, und im dritten Durchgang, als sein Gegner ihm den Aufschlag abnahm. Doch diesmal gelang Chang keines seiner gefürchteten Comebacks, postwendend verlor er sein nächstes Servicespiel. Im zweiten Satz gab Stich bei eigenem Aufschlag lediglich vier Punkte ab. „I am back“, lautete das zufriedene Resümee des 24jährigen nach einem eher durchwachsenen Jahr. Matti
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