Erstaufnahmelager am Flughafen

Hessische Politiker und Juristen beraten die organisatorische Umsetzung des Asylkompromisses auf dem Rhein-Main-Flughafen  ■ Aus Wiebaden Klaus-Peter Klingelschmitt

„Mit uns wird es keine Schnellrichter am Frankfurter Rhein- Main-Flughafen geben – aber schnellere Verfahren.“ Der Vorsitzende der Landtagsfraktion der hessischen SPD, Lothar Klemm, reagierte gestern auf einem Debattenforum „Asyl und Asylverfahrensrecht“ im Landtag mit „Empörung“ (Klemm) auf die Einlassungen eines Vertreters von „Pro Asyl“, der mit der rot-grünen Landesregierung hart ins Gericht gegangen war: Offenbar, so der Flüchtlingshelfer, sei beabsichtigt, im Rahmen der zu erwartenden Gesetze auf der Basis des Bonner Asylkompromisses auch noch das letzte Schlupfloch für Flüchtlinge – den Rhein-Main-Flughafen – zu stopfen.

Die neue Rolle des Airports als „zentrale Einlaßstelle“ war das Schwerpunktthema des Forums. Und es waren vor allem die Verwaltungsjuristen, die mit Vorschlägen zur Beackerung dieses „Problemfeldes“ aufwarteten: Von der Installierung eines neuen Verwaltungsgerichts über die Einrichtung einer Dependance des Frankfurter Verwaltungsgerichts bis hin zur Einführung sogenannter Gerichtstage am Flughafen reichte das Spektrum der vorgestellten „Bewältigungsstrategien“. Daß der Bonner Asylkompromiß auch die Bestellung von Einzelrichtern zuläßt, bereitete den gastgebenden Sozialdemokraten Bauchschmerzen. Für Klemm ist die „Einzelrichter-Lösung“ nur dann akzeptabel, wenn „in vertretbarer Weise mit juristischem Gehalt“ vor Ort entschieden werde.

Fest steht, daß am Rhein-Main- Flughafen eine Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge eingerichtet werden wird, in der dann das gesamte Verfahren „in maximal sechs Wochen“ abgewickelt werden soll: Wer sich – bei einer Zwischenlandung – schon auf dem Boden eines sicheren Drittlandes befunden hat, soll am Flughafen umgehend vom BGS abgeschoben werden. In „offensichtlich unbegründeten Fällen“ werden die Verfahren vor Ort durchgezogen. Und nur bei „Zweifelsfällen“ und bei „begründeten Fällen“ würden die Flüchtlinge auf die bundesweit existierenden Erstaufnahmeeinrichtungen verteilt. Ein Erstaufnahmelager am Flughafen, da waren sich Juristen und Ministerialbeamte einig, beschleunige den Aktenlauf und ermögliche im Rahmen der ständigen direkten Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden die „schnellere Abschiebung“.

Natürlich, so Klemm auf Nachfrage, habe es in der hessischen SPD viel Kritik am Bonner Asylkompromiß gegeben. Dennoch werde man auch in Hessen „Recht und Gesetz umsetzen“ müssen. Auch im neuen Asyl-Entscheidungszentrum Fulda werden die dreißig Entscheider, die das Land Hessen dem Bund vor allem zur Abarbeitung sogenannter Altfälle angedient hat, für eine raschere Verfahrensabwicklung sorgen: „Feldwebel der Bundeswehr hören dort demnächst beschleunigt an – und die Entscheider können dann schneller entscheiden.“ Doch das sorge bei den Verwaltungsgerichten für einen neuen Problemschub, klagten die geladenen Richter. Rund 50 Prozent der abgelehnten Asylbewerber (Altfälle) würden nämlich „ins Rechtsmittel gehen“. Bei einer „Erledigungskapazität“ von 2.000 Fällen pro Monat in Hessen durch die zusätzlichen Entscheider kämen somit auf die Gerichte monatlich etwa 1.000 Klageverfahren zu – „bei exakt 68 hessischen Verwaltungsrichtern“.