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„Rege Bautätigkeit“ und „gute Nachbarschaft“

■ Die Neujahrsansprache unseres Bundeskanzlers: „Erfolge und Sorgen“

Bonn (taz/dpa) – „Viele Erfolge, aber auch eine Fülle von Sorgen“ – so bilanziert Bundeskanzler Helmut Kohl in seiner diesjährigen Neujahrsansprache das „ereignisreiche Jahr“ 1992. Doch bei aller Ambivalenz, daß letztlich die „Erfolge“ überwiegen, wer wollte daran zweifeln?

Da steht in der Kohlschen Rückschau der „Aufbau in den neuen Bundesländern“ ganz oben. Hierbei „sind wir wieder ein gutes Stück vorangekommen.“ Man beachte nur die „rege Bautätigkeit“ in den neuen Bundesländern oder den kräftigen Anstieg der Investitionen.

Auch bei den „Dienstleistungen, im Handel und im Handwerk geht es weiter aufwärts“. Wo man hinschaut „Zukunftschancen, vor allem für die junge Generation“. Alle, die wollten, haben im letzten Jahr einen Ausbildungsplatz erhalten; und für die älteren Semester gilt: die Rente ist sicher.

Jedoch will der Kanzler auch die negativen Seiten nicht unterschlagen. Aus „vielen Gesprächen und Briefen“ weiß er, „daß viele sich Sorgen um ihre persönliche Zukunft“ machen.

Woher kommt's? – „Klarer als zuvor“ weiß zu Silvester 92 auch Helmut Kohl, „welch verheerende Erblast das kommunistische Regime uns hinterlassen hat“, ökologisch, finanziell, in der Wirtschaft „und nicht zuletzt in den Herzen der Menschen“.

Kurzum, den Menschen im Osten wird weitaus mehr Bereitschaft zur Anpassung an die neuen Verhältnisse abverlangt, als denen im Westen. Also verdienen sie „unser besonderes Verständnis und unsere Ermutigung“. Die jedenfalls, die „den Blick nach vorne richten und zupacken“, haben sich schon jetzt „Sympathie und großen Respekt“ bei Helmut Kohl erworben.

Es folgt ein bißchen Binnenmarkt contra „schreckliche Bruderkriege“, das „Gespenst des Nationalismus“ mit seinem grausamen Reigen: „Mord, Folter und Vertreibung“ und dann, bei all der Misere – ein deutscher Kontrapunkt: „eindrucksvolle Demonstrationen in vielen Städten“ gegen Antisemitismus, Fremdenhaß und Nationalismus.

Da war doch noch was, die kleine Sorge, aus der Fülle, die der Kanzler zu Beginn anklingen ließ; sie erscheint – Kopf hoch – in staatsbürgerlich-entschlossener Negation: „Wir werden es nicht zulassen, daß politische Extremisten von rechts oder links mit ihrem Terror Erfolg haben. Unser demokratischer Rechtsstaat ist bereit und in der Lage“, klingt es da, nach Rostock und Mölln vielleicht eine Nuance zu vollmundig, „sich gegen seine Feinde zu wehren.“

Derart gewappnet, können „unsere ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger“, so die Ermutigung aus dem Kanzleramt, „unserer Solidarität gewiß sein“. Sie kamen schließlich, um „unseren Wohlstand mitzuerarbeiten“. Wir bieten: „gute Nachbarschaft“, „Freundschaft“.

Alles in allem blickt der Kanzler zurück nicht nur auf ein, sondern „auf zehn gute Jahre“. Damit es auch weiterhin so bleibt, müssen „alle ihren Beitrag leisten“. Gefordert sind: „Mut und Verläßlichkeit, Fleiß und Eigenverantwortung, Mitmenschlichkeit und Hilfsbereitschaft.“

„Ihnen allen“ jedenfalls wünscht Helmut Kohl „ein glückliches, gesundes und erfolgreiches neues Jahr!“ eis schließt sich an.

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