: Angst vor der Dunkelheit
■ Hamburger Studie klärt über die Folgen sexuellen Mißbrauchs auf / Kompetente Gespräche und Selbsthilfegruppen können hilfreich sein
auf / Kompetente Gespräche und Selbsthilfegruppen können hilfreich sein
Über sexuellen Mißbrauch von Kindern wurde schon viel berichtet, bislang gab es in der Bundesrepublik jedoch keine großangelegten wissenschaftlichen Untersuchungen zu den psychischen und körperlichen Folgen dieses Kinder-Mißbrauchs. Das ist jetzt anders. An der Hamburger Universität starteten 1991 vier klinische Psychologinnen eine Studie, um nicht nur die Probleme bei erwachsenen Betroffenen aufzudecken, sondern auch um mögliche Bewältigungsstrategien auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen.
Das Wissenschaftlerinnen-Team konnte bei den 576 TeilnehmerInnen der Studie gravierende Spätfolgen feststellen. Die Mißhandelten klagten über Psychosen, Ängste, Störungen des Selbstwert- und Körpergefühls sowie Depressionen. Außerdem entwickelten sich bei ihnen oft psychosomatische Erkrankungen wie chronische Schmerzen, Atemwegserkrankungen, Kreislaufstörungen, Magen-Darm-Beschwerden und entzündliche Unterleibserkrankungen. Diese schweren Spätfolgen traten zwar nicht bei allen Betroffenen auf, doch sämtliche Testpersonen litten unter Unsicherheit, mangelndem Selbstvertrauen und Angst vor Kontrollverlust.
Die Hamburger Untersuchung deckte auf, daß die sexuell Mißbrauchten die Kindheit und die damit verbundenen Gefühle der Machtlosigkeit und der Scham zu vergessen suchten. Oft wurde das Erlebte verdrängt, nur in Alpträumen wiederholten sich die grausamen und bedrückenden Situationen. Die Betroffenen litten jedoch fortwährend unter denjenigen Ängsten, welche die Mißbrauchssituationen begleiteten: Furcht vor der Dunkelheit, vor körperlichen Berührungen und vor intimen Kontakten.
Als wirksame Strategien zur Bewältigung des Mißbrauchs nennt die Hamburger Untersuchung Psychotherapien, die Suche nach Information und themenbezogener Literatur sowie Gespräche und Kontakte mit nahestehenden Menschen. Allerdings seien Gespräche und Therapien nur dann wirklich hilfreich, so die Psychologinnen, wenn die GesprächspartnerInnen kompetent und einfühlsam genug seien.
Ein weiterer Weg, sich von den grausigen Erfahrungen zu lösen, bestehe in der Kontaktaufnahme zu Selbsthilfegruppen und Beratungsstellen. Die Wissenschaftlerinnen weisen darauf hin, daß diese Hilfsangebote viel zu wenig genutzt würden. Greta Eck
Die Studie von Frauke Teegen und Mareen Beer ist als Buch unter dem Titel „Sexueller Mißbrauch an Kindern und Jugendlichen. Diagnostik, Krisenintervention, Therapie“ (Westarp Wissenschaften, Essen — Hrsg: Heid, Gegenfurther & Keuken) zum Preis von 19 Mark im Buchhandel erhältlich.
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