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Seiters bietet Dumpingangebot für ÖTV

■ Tarifrunde wird schwieriger als erwartet

Berlin (taz/dpa) – Ohne das sonst übliche Ritual, zügig und vernünftig, sollten die Tarifverhandlungen für den Öffentlichen Dienst in diesem Jahr über die Bühne gehn, doch daraus wurde nichts. Ganze 2,25 Prozent hatte Bundesinnenminister Seiters im Angebot, als er gestern für die Arbeitgeber aus Bund und Ländern die Eröffnungsofferte der Gerkschaftsführung unterbreitete. „Schwere Enttäuschung“ war alles, was ÖTV-Chefin Monika Wulf-Mathies angesichts dieser „nackten 2,25 Prozent“ empfand. Das sei ganz und gar unakzeptabel und ohne jedes soziale Gespür. Unter dem Druck der leeren Kassen und der miesen Wirtschaftsdaten hatte die ÖTV von Beginn an durchblicken lassen, sie erwarte gar nicht mehr als einen Inflationsausgleich, mit dem sie zumindestens einen realen Lohnverlust verhindern will. Dazu kommen soll ein Zuschlag für die unteren Lohngruppen.

Wulf-Mathies hatte vor Verhandlungsbeginn betont, die Verwirklichung der sozialen Komponente habe für die Gewerkschaft absoluten Vorrang. Den Beziehern unterer und mittlerer Einkommen müsse geholfen werden, die wirtschaftliche Durststrecke besser zu bewältigen. Falls diese Erwartungen enttäuscht würden, verwandele sich der ohnehin belastete soziale Friede in politischen Sprengstoff. Wulf-Mathies kündigte einen erbitterten Widerstand für den Fall an, daß die Arbeitgeber ein „lohnpolitisches Exempel“ statuieren wollten.

Seiters als Verhandlungsführer der Arbeitgeber, verknüpfte die Tarifrunde dagegen indirekt mit dem von Kohl geplanten Solidarpakt: „Die notwendige Begrenzung des Anstiegs der Lohnkosten ist vor allem eine wesentliche Voraussetzung für die notwendigen und angestrebten Maßnahmen zur Beschleunigung des Aufbaus Ost.“ Ein Spielraum ist deshalb nicht vorhanden. Seite 2

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