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Lotsenfehler mögliche Absturzursache?

■ Absturz in Paris: Schwere Vorwürfe gegen Rettungstrupps / Eine Stunde gewartet

Schwere Vorwürfe hat ein Überlebender des Flugzeugabsturz in Paris erhoben: Die französischen Rettungsmannschaften hätten eine Stunde gebraucht, um das beim Landeanflug auf dem Flughafengelände abgestürzte Flugzeug zu finden, berichtete der 51jährige Ingenieur Klaus Wieland am Freitag abend in einem Interview bei „buten & binnen“. Einzige Ausrüstung der Feuerwehrleute seien bei deren Eintreffen Taschenlampen gewesen. Scheren und Notstromaggregate hätten die Rettungstrupps nicht dabeigehabt. Aus anderer Quelle erfuhr die taz, daß Rettungstrupps „den Weg nicht von sich aus“ fanden.

Der Bremer Klaus Wieland gehörte zu den acht unverletzt gebliebenen Insassen der Unglücksmaschine, die von Bremen aus nach Paris geflogen war. Vier der insgesamt 23 Passagiere waren bei dem Absturz ums Leben gekommen. Die Crew der Maschine, eine DASH 8 der Contact Air, die im Auftrag der Lufthansa die City Linie Bremen-Paris beflog, blieb unverletzt. Klaus Wieland berichtete in dem Interview auch, daß es den unverletzt Gebliebenen ohne Werkzeuge und alleine nicht gelungen war, eingeklemmte Passagiere zu befreien, was sie mit dem Piloten versucht hätten.

Die Lufthansa wollte diese Vorwürfe gestern nicht kommentieren, da die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen seien. Mit deren Ende sei eventuell erst in einigen Wochen zu rechnen. Dann würde auch ein Bericht zu den Bergungs-und Rettungsarbeiten vorgelegt. Zum Ermittlungsstand könne nur gesagt werden, daß die Behörden einen technischen Fehler am Flugzeug ausschließen. Da die Besatzung das Unglück überlebt hat, geht die Lufthansa von einer „lückenlosen Aufklärung“ des Unfalls aus. Blackbox und Radaraufzeichnungen, sowie die Aufzeichnungen vom Funkkontakt seien sichergestellt worden.

Ein französischer Untersuchungsrichter leitet die Ermittlungen. Miteingeschaltet ist die französische Luftfahrtbehörde, auch das deutsche Luftfahrtbundesamt ist beteiligt, hat auf die Ermittlungen aber keinen Einfluß. Beratend und helfend stehen deutsche Experten und der Flugzeughersteller zur Seite.

Nach Informationen der taz ist ein Pilotenfehler allein als Ursache „ziemlich ausgeschlossen“. Es gäbe allerdings „viel Grund zu der Annahme“, daß ein Fehler des Fluglotsen ursächlich sein könnte: Unter Umständen hat der Tower vom Flughafen Charles de Gaulle den Piloten in eine ausweglose Situation manövriert. Der Flieger war im Anflug kurzfristig umgeleitet worden. Der Pilot hatte per Funk noch die Umleitung von einer Landebahn Nord auf eine Landebahn Süd bestätigt. Danach war der Funkkontakt abgerissen.

Ob dieses Manöver zu kurzfristig war oder vielleicht ein vorausfliegendes Großflugzeug verhängnisvolle Luftwirbel verursachte, sind in Luftfahrtkreisen derzeit denkbare Erklärungsmuster. Die französischen Behörden hatten dagegen schon vor Aufnahme der Ermittlungen über einen Pilotenfehler spekuliert. ra

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