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FDP steht zur Immobilien-Ministerin

FDP-Chef Lambsdorff nimmt Irmgard Schwaetzer in Schutz/ Bundeskanzler Kohl sieht keinen Grund zum Rücktritt/ Neue Affäre um Fertighaus-Veröffentlichung  ■ Aus Bonn Tissy Bruns

Wie ein Mann steht das FDP- Präsidium hinter Irmgard Schwaetzer, die auf dem Neujahrsempfang des Bundespräsidenten trotzdem nicht gerade locker wirkte. Ganze Bundeskabinette könne man entvölkern, entrüstete sich FDP-Chef Lambsdorff nach der Präsidiumssitzung, wenn es so kleinkariert zuginge. Alle Mitglieder der Parteiführung seien einer Meinung: Die Kolumne der Bauministerin für die Immobilienfirma Germania sei „sachlich nicht zu beanstanden“, die Forderung nach Rücktritt „absurd“.

Es war zu spüren: der Graf sprach aus Überzeugung. Er erinnere sich, was er in seiner Amtszeit etwa über die Qualität deutscher Kernkraftwerke zum besten gegeben habe. Werksbesichtigungen, Eröffnungen, Besuche an Messeständen gehörten schließlich zum erwünschten ministeriellen Alltag. Dem CSU-Generalsekretär Erwin Huber, der ins Spiel gebracht hatte, ob für Irmgards Werbewort Spenden an die FDP geflossen seien, schlug er vor, doch lieber den Germania-Spenden an die CSU nachzugehen. An die Bundes-FDP seien jedenfalls „in diesem Zusammenhang“ keine Spenden geflossen. Die zweimaligen 5.000-Mark-Spenden an bayerische Parteigliederungen entsprächen „üblicher Praxis“. Tatsächlich nahm die CSU-Zentrale danach ihren Parteispendenvorwurf zurück. Auch für die SPD hatte der skandalversierte Lambsdorff eine weitere Erinnerung parat. Habe nicht seinerzeit Oskar Lafontaine für die recht anrüchige Firma Steinhardt geworben? Ganz milde nur bemängelte Lambsdorff, daß Schwaetzer den Abgeordnetenbriefkopf für die vorgeschobene Eigenbedarfskündigung ihrer Wohnung verwandt hätte. Sie hätte ihn „besser nicht benutzen“ sollen, aber verboten sei das schließlich nicht. In Paragraph5 der Verhaltensrichtlinien für Parlamentarier heißt es dazu übrigens: „Hinweise auf die Mitgliedschaft im Bundestag in beruflichen oder geschäftlichen Angelegenheiten sind unzulässig.“ Lambsdorff erklärte im übrigen, daß Ablösungsgerüchte über einen weiteren FDP-Minister jeder Grundlage entbehrten. Bildungsminister Rainer Ortleb mache „seine Sache gut“. Der Mann gilt in Bonn allgemein als unfähig.

Auch der Bundeskanzler ließ via Regierungssprecher verhalten verlauten, daß er zum Rücktritt der Bauministerin keinen Grund sieht.

Neue Affäre für Frau Schwaetzer?

Berlin (taz) – Schwaetzer steht möglicherweise eine weitere Malaise ins Haus: Der Möwe-Verlag aus Idstein im Taunus wirbt mit einer Stellungnahme Schwaetzers, die sie für das Buch „Fasziniation Fertighaus“ geschrieben hat. Verfaßt wurde das Buch vom Präsidenten des „Bundesverbandes Deutscher Fertigbau e.V.“, Hans Weber, der nach einer Verlagsmitteilung sein Fertighausunternehmen 1960 gründete und Marktführer der Fertigbaubranche ist. Wörtlich heißt es in der Verlagswerbung: „Eine Stellungnahme von Bundesbauministerin Dr. Irmgard Adam-Schwaetzer rundet dieses informative und leicht zu lesende Werk ab, das sich kein künftiger Hausherr entgehen lassen sollte.“

Der Möwe-Verlag gilt als Unternehmen, das von der „Scientology“-Sekte gesteuert wird. Die Verfassungsschutzbehörden prüfen derzeit, ob sie die Scientologen als verfassungsfeindliche Organisation überwachen sollen.

Nach Angaben des Sektenbeauftragten der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg, Thomas Gandow, ist der Geschäftsführer und Inhaber des Möwe-Verlags einer der führenden Scientologen im Managementgewerbe. Die Schutzgemeinschaft „Robin direkt“ aus Pfaffenhofen gibt über Horst Mehler an, „daß er durch Meinungsmacher und Sympathieträger versucht, die Scientology-Organisation salonfähig zu machen“. Mehler ist nach den Angaben von „Robin direkt“ auch Lizenznehmer von „Wise“, der wirtschaftlichen Dachorganisation der Scientologen (World Institute od Scientology-Enterprises). Mehler hat gegenüber Antenne Bayern zugegeben, Scientologe zu sein, er sei jedoch kein „Wise“-Lizenznehmer. wg

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