■ Das Portrait
: „Jan Heweliusz“

Die am Donnerstag vor Rügen gekenterte polnische Fähre „Jan Heweliusz“ hat erst in der vergangenen Woche im Hafen der südschwedischen Stadt Ystad die Kai- Anlagen gerammt. Dies bestätigte der Chef der Hafenverwaltung, Aake Andersson, der Nachrichtenagentur dpa auf Anfrage. Über Einzelheiten wollte er sich nicht äußern.

Im Jahr 1982 war das 1976 auf einer norwegischen Werft gebaute Schiff im Hafen von Ystad sogar auf die Seite gekippt, weil die Besatzung Lastwagen und Eisenbahnwaggons falsch verteilt hatte und die Ballasttanks falsch aufgefüllt waren. Sechs Besatzungsmitglieder konnten sich in letzter Minute durch einen Sprung ins Wasser retten, drei mußten aus dem Inneren des sinkenden Schiffes geborgen werden.

Vier Jahre zuvor war das Schiff schon einmal gekentert, weil die Ventile nicht funktionierten, mit denen die Ballasttanks reguliert werden. 1986 gab es einen Brand auf dem Autodeck, das dabei völlig ausbrannte.

hier Foto Nr. 21

Foto: Reuter

Andersson sagte über den generellen Sicherheitszustand auf der „Jan Heweliusz“: „ein sehr sicheres Schiff, das von unseren Behörden immer wieder besichtigt und für gut befunden worden ist, zuletzt im August 1992“.

taz-Autor Reinhard Wolff, der im Herbst die Fähre benutzte, hatte da einen ganz anderen Eindruck: „Der Sicherheitsstandard war erschreckend. Alle Notausgänge aus dem Bereich, in dem die Kabinen liegen, waren versperrt und zugestellt. Beschwerden bei der Besatzung blieben ohne jedes Ergebnis. Auf die Frage, ob sie verstünden, daß ihr Schiff den Eindruck eines schwimmenden Sarges vermittele, zuckten sie nur mit der Schulter.“

Ein Sprecher der Polizei in Ystad, der anonym bleiben wollte, bestätigte diesen Eindruck im Widerspruch zu den offiziellen Stellen. Man habe in seinen Kreisen über die Sicherheit des Schiffes schon immer sarkastische Witze gemacht.

Die Fähre der polnischen Gesellschaft PLO war auf dem Weg von Swinoujscie (Swinemünde) in Polen nach Ystad in Schweden. Die 125 Meter lange und 3.015 Bruttoregistertonnen große Fähre war durch Stürme mit einer Windgeschwindigkeit von bis zu 160 Stundenkilometern in Seenot geraten und trieb am Vormittag kieloben in der Ostsee.

Zum Zeitpunkt des Unglücks herrschte nach Angaben des Wetteramtes Rostock in dem Seegebiet Sturm mit Windstärken um 9 bis 10 mit Böen bis zu Windstärke 12. taz/dpa