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Mit Engtanz überlebt

■ Hamburger Kneipe celebriert seit zehn Jahren Alleintanzverbot

Alleintanzverbot

Kerzen auf den Tischen. Rotlicht über der Tanzfläche. Engumschlungen tanzen Gabi und Dieter zu November Rain von Gun's and Roses. Fast so, als wenn sie in ihrem eigenen Partykeller wären, so ganz allein. Küßchen werden ausgetauscht und noch inniger die körperliche Nähe des Gegenübers gesucht. Doch so ganz allein waren sie am Freitag in der Hamburger Kneipe Knust nicht. Im Gegenteil: Beim 10jährigen Jubiläum der Hamburger Engtanzféte mit Alleintanzverbot war es übervoll. Die gesamte Stammklientel dieser Veranstaltung - berühmt zwischen Buchholz und Pinneberg, berüchtigt zwischen Wedel und Bergedorf - hatte sich eingefunden, dazu noch neugieriges Jungvolk.

„Eine kleine Gemeinde von EngtänzerInnen, die dem Discoglanz entwischen wollen“, umschreibt Veranstalter Karsten Schölermann das Publikum dieser Party und weist gleichzeitig auf die an diesem Abend wenig sichtbare Vielfältigkeit des Publikums hin: „Vorstadtcliquen, hordenweise Hausfrauen, einsame Einzelkämpfer und heimatlose Wehrpflichtige.“

Eine interessante Mischung sozusagen. Ein Dark-Room für Heterosexuelle meinen andere, etwa ein Volontär dieses Hauses. Doch so richtig zur Sache gegangen wird im Gegensatz zu den verzauberten Etablissements bei der Engtanzféte nicht. Ein flüchtig ausgetauschter Kuß, eine innige Umarmung, eventuell ein späteres Date, ansonsten Quintanerromantik. Konversation fast nur körperlich. „Quatschen kann man auch woanders“, weiß ein Stammgast zu berichten.

„Eigentlich war die ganze Sache als einmalige Aktion geplant“, läßt Schölermann weiter verlauten. „Doch das Interesse war damals so groß, daß wir damit in Krisenzeiten das Knust über Wasser halten konnten.“

1Anders war es am zehnten Jahrestag auch nicht. Grelle Fernsehlampen brachten Licht in das Dunkel der Tanzfläche. „Die Intimität ist gestört“, monierte so manch ein Engtänzer und verzog sich genervt an einen der Tische. Denn bei diesen Bedingungen wollte kaum einer den wesentlichen Vorteil des Clubs goutieren. Laut Schölermann: „Sich ungeniert beim Tanzen zu küssen“ kader

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