piwik no script img

UNO: Iraks Kooperationswillen testen

■ USA sehen erneut „Anzeichen von Luftabwehraktivitäten“ im Südirak/ Streitigkeiten über jüngste US-Militäraktionen

Washington/Bagdad (AP/taz) Zwei hochrangige Delegationen von UN-Waffeninspektoren sind gestern im Irak eingetroffen. Der Besuch dieser Gruppen gilt als „Test“ dafür, inwieweit Bagdad nach den jüngsten Angriffen der Golfkriegsalliierten tatsächlich bereit ist, die Forderungen der UNO rückhaltlos zu erfüllen. Die eine Gruppe wird von Nikita Smidowitsch geleitet, einem engen Mitarbeiter des Leiters der UN-Sonderkommission zur Zerstörung irakischer Massenvernichtungswaffen, Ekeus, die andere führt Maurizio Zifferero, stellvertretender Leiter der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO). Nach ihrer Ankunft wurde den UN-Delegierten eine Liste ausländischer Zulieferer für das irakische Atomprogramm überreicht, die rund 90 Prozent der beteiligten Firmen nennt. Bagdad sei auch bereit, weitere Fragen zu diesem Thema zu beantworten, erklärte Zifferero.

Der neue US-Verteidigungsminister Lee Aspins teilte am Sonntag mit, es gebe „einige Anzeichen“ dafür, daß irakische Soldaten in dem für ihre Flugzeuge gesperrten Gebiet südlich des 32. Breitengrades erneut Luftabwehrraketen in Stellung brächten. Auch Piloten der „Kitty Hawk“ berichteten über „Flugabwehraktivitäten“ der Iraker. Laut Aspins ist es jedoch für ein „endgültiges Urteil“ noch „etwas zu früh“.

Der amerikanische Verteidigungsminister Les Aspin hat am Sonntag außerdem die Version seiner Streitkräfte in Zweifel gezogen, die diese Samstagnacht nach dem Abwurf einer 450-Kilo- Bombe im Südirak von einem irakischen Angriff auf US-Militärflugzeuge gegeben hatten. Es sei nicht sicher, daß die Iraker am Samstag abend tatsächlich das Feuer auf die drei amerikanischen Patrouillen-Maschinen eröffnet hätten. Möglicherweise habe einer der Piloten nur geglaubt, man würde auf ihn schießen, sagte der neue Pentagon-Chef. Sprecher der US-Streitkräfte blieben hingegen bei ihrer Darstellung, die drei Kampfflugzeuge seien unter Beschuß genommen worden.

Hohe irakische Militärs haben den US-Streitkräften am Sonntag vorgeworfen, während des Raketenangriffs am 17. Januar auf eine Fabrik am Rande von Bagdad das Al-Raschid-Hotel gezielt beschossen zu haben. Sie wandten sich damit gegen die Darstellung des US- Verteidigungsministeriums, es handele sich bei dem Raketeneinschlag im Zentrum Bagdads um einen unglücklichen Zufall.

Nach amerikanischen Mutmaßungen soll die Tomahawk-Rakete von Iraks Luftabwehr getroffen und damit aus der Bahn gelenkt worden sein. In dem Hotel, das als „Stützpunkt“ der Golfkriegsberichterstatter im Irak traurige Berühmtheit erlangte, waren auch während der letzten Wochen zahlreiche Journalisten abgestiegen. Nach irakischen Angaben tagte dort am Tage des Angriffs auch eine nicht näher bezeichnete „islamische Konferenz“. Die Lobby wurde schwer beschädigt, es gab zwei Tote und mehrere Verletzte. Auf einer Pressekonferenz am Sonntag vertraten zwei technische Offiziere aus dem irakischen Verteidigungsministerium die Ansicht, das Hotel sei „gezielt“ beschossen worden. Sie argumentierten unter anderem mit der Zielgenauigkeit dieser Raketen. Die Militärs zeigten einen Film, der anscheinend den sich dem Hotel nähernden Tomahawk-Flugkörper beim Aussenden von Stroboskop- Blitzen zeigte. Sie erklärten dazu, das Stroboskop dieser Flugkörper beginne fünf Sekunden vor dem geplanten Aufschlag zu arbeiten, um das Gelände auf das Ziel hin abzutasten. Das Hotel müsse als Ziel ausersehen gewesen sein, weil die Sprengladung solcher Raketen erst kurz vor dem geplanten Einschlag automatisch scharf gemacht werde. Mitarbeiter des US-Verteidigungsministeriums hatten dagegen letzte Woche die Ansicht vertreten, Fernsehaufnahmen des Hotels deuteten darauf hin, daß der 450 Kilogramm schwere Sprengkopf nicht detoniert sei. Offenbar sei nur nicht verbrauchter Treibstoff explodiert.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen