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CDU will Berufsverbote für DVU

■ Schnüffel-Erlaß gegen rechts / Ampel will „alten Zopf“ loswerden

In den vergangenen Monaten hat eine Frage die Öffentlichkeit beschäftigt, wie kaum eine zweite: Wie kann der Rechtsextremismus bekämpft werden? Nun hat die Bremer CDU eine alte Idee in einen neuen Antrag gekleidet. Sie will den „Radikalenerlaß“ der siebziger Jahre fortschreiben und gegen Rechtsextreme anwenden. Wer beispielsweise die DVU unterstützt, soll nicht im Öffentlichen Dienst arbeiten, und wenn er da schon ist, so schnell wie möglich seinen Hut nehmen. Dies sei das Gebot der Stunde „im Rahmen der Auseinandersetzung mit rechtsextremen Parteien und Organisationen“, so der CDU-Antrag. Morgen soll der Antrag in der Bürgerschaft zur Abstimmung kommen.

Schon in der Debatte um die Anschläge von Mölln hatte sich ein Schwenk in der CDU-Politik gegen Rechtsextreme angedeutet. Nach den Verboten der Nationalistischen Front und der Deutschen Alternative durch den Bundesinnenminister und nachdem Bernd Neumann das Verbot der DVU gefordert hatte, schwenkte auch die Bremer Fraktion auf Sanktionslinie um. Ralf Borttscheller, innenpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion und einer der Antragsteller: „Der Erlaß ist ein Baustein für die Prävention. Wer sich mit solchen Leuten einläßt, dem muß klar sein, daß er sich damit die Berufschancen einschränkt.“

Dabei stützt sich die CDU auf geltendes Bremer Recht. Was kaum jemand geglaubt hat: Neben Bayern ist Bremen das einzige alte Bundesland, das stramm die Regelüberprüfung auf die Treue zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung durchführen läßt. Außerdem gibt es datenrechtliche Bedenken. Der Landesbeauftragte für den Datenschutz, Stefan Walz, hält den Erlaß für einen „Anachronismus ohne rechtliche Grundlage“, ein „Instrumentarium aus der Mottenkiste“, mit dem der „Verfassungsschutz revitalisiert“ werden könnte.

Der Rest der Republik hat das schon längst abgeschafft. 1977 wurde der Erlaß im Senat beschlossen, 1983 wurde die Überprüfung der Lehrer, Sozialpädagogen und Erzieher gestrichen. Seitdem wird nur noch bei jedem Richter, Staatsanwalt, Polizisten und Strafvollzugsbediensteten vor der Einstellung der Verfassungsschutz bemüht. Zuständig sind dabei nicht die Fachressorts, sondern die Senatskommission für das Personalwesen. Und keiner hat's gewußt: „Wir haben uns selber gewundert, daß es das noch gibt“, so Ralf Borttscheller.

Aber außer den Christdemokraten will sich trotz der stärker werdenden Rechten niemand mehr hinter den Radikalenerlaß stellen. Im Gegenteil: Für SPD und Grüne steht die Abschaffung des Erlasses auf der Tagesordnung. Martin Thomas, grüner Innenpolitiker: Das Beamtenrecht sei völlig ausreichend, Rechtsextreme dann aus dem Öffentlichen Dienst zu befördern, wenn sie ihre Diestpflicht verletzten — und zwar in Taten, nicht per purer Ideologie. Thomas: „Da wird ein Klima der Bespitzelung und Denunziation geschaffen.“ Und der sozialdemokratische Rechtspolitiker Horst Isola: „Der Radikalenerlaß war schon damals untauglich. Das muß jetzt vom Tisch.“

Etwas vorsichtiger ist dabei die FDP. Zwar ist auch sie prinzipiell gegen den Erlaß. Mit politischem Extremismus müsse man sich auch politisch auseinandersetzen, so Axel Adamietz, aber: „Wir hängen das jetzt nicht an die große Glocke.“ In den letzten Jahren habe es keinen einzigen Fall gegeben, in dem ein Bewerber nach der Überprüfung abgelehnt worden sei. Auch ein Grund, warum Justizsenator Henning Scherf am liebsten kurzen Prozeß mit dem Erlaß machen will: „Das ist ein alter Zopf und der muß ab.“ J.G.

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