: Die einsame Musikhütte gefunden?
■ Elvis Costello, der Mann für die sanften Musikkreuzungen, präsentiert sich klassisch
, der Mann für die sanften Musikkreuzungen, präsentiert sich klassisch
Alle jungen, musikinteressierten Männer zwischen zwanzig und vierzig hatten einmal eine Elvis-Costello-Phase. Meine, das nur nebenbei, hielt die ersten beiden Platten - lang ist's her -, solange der Buchhalter-Weirdo noch
1Rock‘n'Roll apostrophierte. Danach wurde der neue Elvis innerlich so erwachsen wie er äußerlich schon immer wirkte und begründete so bei all jenen Zurückhaltung, die zwar aggressive Rock‘n'Roll-Schrullen, aber keinen
1Kunst-Pop mochten.
Es kam zwar jetzt die Zeit, wo man in Abkehr von Punk und schon in Ansätzen genervt vom New Wave mit Authentizitäts-Vergrößerungsgläsern nach urstämmigen „Songwritern“ suchte, aber zuviel
1schöne Arrangements, wie sie Costello perfekt beherrschte, führtenbei seinen ersten Weggenossen doch eher zu leichtem Ausschlag.
Costello litt in diesen Jahren an Dauerinspiration, an dem zwanghaften Willen, Neues in die Musik einzuführen, was nur in seinem Kontext, aber nie vom Prinzip her neu war (es galt der Postmodern- Vorwurf). Das führte dazu, daß viele ihn für einen begnadeten Musiker hielten, was er vielleicht garnicht ist, aber ihn niemand so richtig liebte. Herzenswärme ist nicht die Sache des Allround-Briten.
Jetzt treibt er seine Ernsthaftigkeit auf einen einsamen Höhepunkt. Gemeinsam mit einem englischen Streichquartett namens Brodsky komponierte er weitere „Popperlen“, die „klassisch“ vertont wurden und auf dem neuen Album The Juliette Letters das tiefe Tal des Muzak vor sich sehen. Ist dies der letzte Ausweg aus einer langjährigen Schaffenskrise, die an bestimmten Momenten immer genügend neurotische Energie versammeln konnte, um das Volk auf sich einzustimmen? Oder hat Costello jetzt die einsame Musikhütte gefunden, in der er sowohl steif als sehnsüchtig sein kann?
In Zeiten zufriedener Gesetztheit, wo nur die Politik das Wohlbefinden stört, ja vielleicht genau die richtige Verbindung zur schönen Erholung. Till Briegleb
24.2., Musikhalle, 20 Uhr
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