: Soundcheck
SOUNDCHECK
Gehört: Rage against the Machine. Die MTV-Medienkoalition macht's möglich. Das, wofür die Red Hot Chili Peppers noch Jahre brauchten, klappt heute in drei Monaten. Das Konzert der Newcomer aus L.A., welches absurderweise zunächst in der kleinen Markthalle stattfinden sollte, wartete von Anfang an mit Nirvana- Verhältnissen auf: aufgeregtes Jungvolk formierte sich in imposanten Schlangen vorm Eingang und füllte die große Halle bis auf den letzten Platz. Allein, daß die ersten 150 Besucher mit Gratis-CDs beschenkt wurden, kann nicht schuld daran sein. Als die Band, die wie keine andere dem energetischen Gitarrencrossover neues Leben einhaucht, auf die Bühne kam, wurde sie mit frenetischem Jubel begrüßt. Dann machte Zack de la Rocha, der 1
2kleine dreadlockige Mann mit dem durchdringenden Organ, ein kurzes gutturales Geräusch, und der durchaus nicht in der Mitte stehende Schreiber dieser Zeilen befand sich samt Bierbecher um einen Meter nach vorn geschleudert. So sollte es eine Stunde weitergehen. Ein Ausmaß an Energie auf der Bühne wie in der Halle, das kaum länger zu ertragen gewesen wäre. Auf dem Boden saftiger Rhythmusarbeit entlockte der Gitarrist Morello seinem Instrument all jene fiependen Töne, an deren Handgespieltheit man bislang zweifeln mochte, und de la Rocha klagte an. Mit schmerzverzerrtem Gesicht sprach er von Gewalt, Unterdrückung und Heuchelei - „all of which are american dreams“. Und daß nicht nur „hey ho let's go“ mitsingfähig ist, bewiesen hunderte
1von Kehlen, die zu „Killing in the name of“ begeistert die Zeile „now you do what they told you“ mitbrüllten. Einer Frage muß sich die wache politische Band allerdings spätestens nach dieser Tour stellen: wie will sie ihre Intensität und ihre grandiose Wut über den roten Teppich retten, der sie alsbald zu den heiligen Hallen geleiten wird. Holger in't Veld
Morgen abend: Mariano, David Friedman, David Samuels. Etwa fünfzehn Jahre ist es her, daß die beiden Klöppel-Artisten David Friedman und David Samuels ihre gemeinsame Band Double Image zu einem Ende führten. In diesem Jahr spielen sie wieder häufiger zusammen und setzen das alte Konzept fort. Mit Hilfe ihrer zwei mal vier Klöppeln, den beiden Vibraphonen und Marimbaphonen schaffen sie dicht verwobene Schwebeklänge, subtil verzahnte Akkordbrechungen und lyrisch inspirierte Fortschreitungen. Eine gepflegte Stimmung dominiert in ihrer Musik, der es gelegentlich an einem vitalen Gegenpol mangelt. Charlie Mariano, der dritte im Bunde ihres NDR- Konzertabends, hat in seinem langen Musikerleben schon viele Rollen gespielt, doch der des ungestümen Quertreibers ist er in den letzten Jahren eher seltener nachgegangen. In dieser Konstellation kann man erwarten, daß er sicher in einer von seinen Mallett-Kumpanen dicht geknüpften harmonischen Hängematte ruhend seine geschmackvollen Linien hervorzaubern wird. step
NDR, Studio 10, 20 Uhr
Außerdem: Ihre Endlos-Tour führt die britischen Folk-Rocker The Levellers heute abend in die Markthalle (21 Uhr). Dem Vorprogramm- Status entronnen, musizieren die fünf Mannen mittlerweile als abendfüllender Act - was die Sache auch nicht spannender macht.
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