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Deutsche Hilfe für Unita in Not

■ Wie Bonn-finanzierte Lebensmittel aus Namibia an Angolas Rebellen gelangen

Johannesburg (taz) – Die deutsche Hilfsorganisation „Hilfe in Not“ hat sich in Namibia in undurchschaubare Lieferungen an Angolas Rebellenbewegung Unita verwickelt. Den Eindruck erweckend, die Lebensmittel würden im Rahmen von Nothilfe durch die Vereinten Nationen verteilt, scheint sie dabei von der deutschen Bundesregierung finanzierte Nahrungsmittel weitergegeben zu haben, obwohl die UNO alle Hilfslieferungen gestoppt hat. In Namibia wurde sogar der Verdacht laut, daß „Hilfe in Not“ bei der Unterstützung weiter ging und der Organisation auch logistische Hilfe bei ihrem neuentfachten Krieg gegen Angolas Regierung leistete.

Die Grundlage: die enge Verbindung zwischen „Hilfe in Not“ und Unita. Der Chef der Hilfsorganisation, der Bonner Rechtsanwalt Dietrich Kantel, vertritt die Unita laut einer Erklärung gegenüber dieser Zeitung mit seiner Kanzlei bei juristischen Belangen in Deutschland.

Angolas Regierung beklagte während der letzten Wochen, daß zahlreiche Flugzeuge aus den Nachbarländern illegal in den Luftraum des afrikanischen Staates eingedrungen und im von Unita kontrollierten Gebieten gelandet seien. Namibias Regierung verbot vor einigen Tagen alle weiteren Hilfslieferungen über die Grenze in den Südosten Angolas. „Hilfe in Not“ wurde in Angola mittlerweile von der Regierung zur Persona non grata erklärt. Andere Hilfsorganisationen sind sauer, weil die Deutschen mit ihren undurchsichtigen Aktivitäten die zukünftige Hilfsarbeit in Angola bedrohen könnten.

Im Rahmen des „Special Relief Programm for Angola“ (SPRA) der Vereinten Nationen übernahm „Hilfe in Not“ in den Jahren 1991 und 1992 die Nahrungsmittelversorgung in Unita-Gebieten im Südosten Angolas. Nachdem Unita im September die Wahlen in Angola verlor und sich weigerte, das Ergebnis anzuerkennen, wurde das Programm gestoppt. Die Begründung: Savimbis Gruppierung hatte einen neuen Krieg angekündigt. Douglas Coutts vom UNO-Welternährungsprogramm (WFP) in Namibias Hauptstadt Windhuk: „Wir haben im Oktober alle Hilfslieferungen über die Grenze hinweg eingestellt. Alle Hilfsorganisationen, darunter auch Hilfe in Not, sind hier nach Namibia zurückgekommen.“ Die Unita hatte aber schon vor den Wahlen Nahrungsmittel gelagert. Im Kontrollgebiet der Rebellen gibt es kein Bargeld, Nahrungsmittel werden zentral von der Gruppierung verteilt – so auch an die etwa 30.000 Soldaten, die die Organisation trotz aller Friedensvereinbarungen nicht demobilisierte.

4.000 Tonnen Nahrungsmittel, die zu dem Zeitpunkt des Hilfsstopps von „Hilfe in Not“ noch nicht verteilt worden waren, gelangten trotz des Hilfsstopps zur Unita. Ihr Erwerb war mit Steuergeldern von der deutschen Bundesregierung finanziert worden. Kantel will mit der Verteilung nichts tun haben: „Wir haben die 4.000 Tonnen an Reedways International zum Kaufpreis zurückgegeben.“ Diese Firma mit Sitz in Simbabwe hatte das Getreide vorher besorgt. Bevor die ausländischen Mitarbeiter aus Namibia wieder nach Hause geschickt wurden, widmeten sie sich laut Kantel noch einer Fleißarbeit und strichen den Aufdruck „Hilfe in Not“ auf den Getreidesäcken mit Filzstift durch. Aber der Mitarbeiter einer Hilfsorganisation in Namibia klagt: „Die haben die gleichen Fahrzeuge und Flugzeuge wie vorher benutzt, die gleichen Mitarbeiter eingesetzt. Lediglich die UN- Aufkleber sind entfernt worden.“ Er fährt fort: „Wenn in Zukunft die Hilfslieferungen nach Angola wieder aufgenommen werden sollen, brauchen wir das Einverständnis der Regierung. ,Hilfe in Not‘ aber hat mit ihrem Verhalten uns alle diskreditiert.“

„Hilfe in Not“-Chef Dietrich Kantel dementiert gegenüber der taz: „Wir haben seit November nichts mehr getan und auch nichts mehr geliefert.“ Aber Chris Schutte von der Fluggesellschaft „Namibia Commercial Aviation“ kündigte in Windhuk an, er werde der dortigen Regierung Dokumente vorlegen, die zeigen, daß sein Unternehmen vom 1. Dezember bis 23. Januar weder auf eigene Faust noch im Auftrag von Unita, sondern für „Hilfe in Not“ nach Angola geflogen sei. Die Zielorte: das 30 Kilometer von der Grenze zu Namibia entfernte Jamba, der wichtigste Militärstützpunkt von Unita, sowie die im Unita-Gebiet liegenden Ortschaften Likua, Luiana und Mucusso. Willi Germund

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