Der Sturz einer Institution

■ THW Kiel: Handballehrer Holger Oertel schmeißt freiwillig das Handtuch / Handewitter Sedarusic Wunschkandidat für Nachfolge

Handballehrer Holger Oertel schmeißt freiwillig das Handtuch / Handewitter Sedarusic Wunschkandidat für Nachfolge

Die Karriere von Holger Oertel beim THW ist nun endgültig beendet. In der Nacht von Donnerstag auf Freitag entschloß sich der glücklose Trainer, seinen Nebenjob an den Nagel zu hängen. Damit enden nun rund zwanzig Jahre im Dienste des THW: sechzehn davon als Spieler und die letzten vier Jahre als Trainer. Für den Übungsleiter war die Trennung ein notwendiger Schritt: „Ich glaube, daß das die einzige Möglichkeit ist, die Mannschaft wachzurütteln“, erklärt der 40jährige Gymnasiallehrer. „Das war so nicht vorherzusehen. Holger Oertels Entscheidung verdient hohen Respekt. Wir haben sie akzeptiert“, reagierte der 52jährige Jacobsen am Freitag scheinbar überrascht und dankte dem früheren Torwart mit der gebührenden Höflichkeit für seine seit Anfang 1990 geleistete Trainerarbeit.

Jetzt übernehmen erst einmal zwei andere das Training: der schwergewichtige Manager Heinz Jacobsen und das ehemalige THW- Idol Uwe Schwenke. Für den THW eine Interims-Lösung. Langfristig soll der gebürtige Rumäne Noka Serdarusic, der derzeit noch bei der SG Flensburg-Handewitt die Verantwortung trägt, für den Posten gewonnen werden.

Die THW-Saison ist verkorkst, wie vorher schon lange keine mehr: Nur Platz acht — obwohl fest mit einem Eingriff in den Kampf um die Meisterschaftsschale gerechnet wurde. Eine Plazierung im Mittelfeld ist in Kiel, wo alles andere neben Handball zu einer Randsportart erblaßt, nicht akzeptabel. Schon am vergangenen Sonntag pfiffen 7000 Zuschauer in der Ostseehalle die Mannschaft gnadenlos aus. Und zuletzt die blamable Schlappe bei dem Punktelieferanten der Liga, dem HC Empor Rostock: 15:21 unterlag das Oertel-Team und schlich anschließend wie eine geprügelte Straßentöle aus der Halle.

Es bestand also Handlungsbedarf für Manager Heinz Jacobsen. Schon länger hatte er seine Fühler nach Noka Serdarusic ausgestreckt. In den letzten Tagen wurde intensiv verhandelt. Oertel kam sozusagen mit seinem Rücktritt dem Rausschmiß nur zuvor, die Mannschaft stand schon lange nicht mehr hinter dem Trainer.

Die Chancen für Jacobsen, daß er seinen Wunschkandidaten Serdarusic nach Kiel locken kann, stehen unterdes gut. Der Ausnahmetrainer steht an der Flensburger Förde ebenfalls im Abseits - nur Rang 16 und damit auf einem Abstiegsplatz steht das Team. Schon gestern titelte die Flensburger Lokalzeitung mit „Ein Trainer verspielt seinen guten Ruf“. Manager Manfred Werner räumt Gespräche auch mit anderen Trainern ein - unter anderem ist Mane Skercevic in Flensburg im Gespräch. Noch möchte sich Serdarusic über die Spekulationen über seinen neuen Job nicht beteiligen und verweist auf seinen Vertrag, der bis zum Ende der Spielzeit 93/94 dauert. Einen Hang zum THW Kiel mag er aber nicht leugnen. Dort feierte er vor fast zehn Jahren seine größten Erfolge: zusammen mit dem damaligen Torhüter Holger Oertel dirigierte er damals als Spielmacher die Geschicke des Handball-Bundesligisten. ank