: Professorale Verwaltung
■ Viele Uni-Gremien unvollständig / Nachwählen dürfen aber nur Profs
unvollständig / Nachwählen dürfen aber nur Profs
Gremienmüde sind sie alle, die Professoren, die Studenten, die Verwaltungsangestellten und das technische Verwaltungspersonal. Doch was dem Herrgott erlaubt ist, ist dem Ochsen noch lange nicht erlaubt. So jedenfalls liest sich der jüngste Beschluß des Akademischen Senats zur Nachwahl der Instituts- und Fachbereichsräte.
Der Reihe nach: An der Uni gibt es die sogenannte akademische Selbstverwaltung - insgesamt 19 Fachbereichsräte und 68 Institutsräte, die über wichtige Fragen von Lehre und Forschung befinden sollen. Die Professoren haben hier mit mindestens vier Sitzen die Mehrheit, die restlichen drei Sitze teilen sich Studenten, wissenschaftliche Mitarbeiter und technisches Verwaltungspersonal. Aber nicht nur die Wahlbeteiligung für die Gremien ist verschwindend gering. Meist gibt es nicht einmal genügend Kandidaten, die dort mitarbeiten wollen. Um zur Disziplinierung beizutragen, beschloß der Akademische Senat im Juli '92, keine Nachwahlen mehr zuzulassen.
Ein Schuß, der nach hinten losging: Als die Liste für die Wahlvorschläge im November geschlossen wurde, zeigte sich, daß es für 67 der 87 Gremien zu wenig Kandidaten gab. Allein zehn der 19 Fachbereichsräte waren unvollständig. Ohne eine Nachwahl hätte also zwei Jahre lang kein einziger Professor neu berufen werden können. „Unsere Rechtsgelehrten haben das geprüft“, erklärt Uni-Pressesprecher Jürgen Lippert. Ergebnis: Die Gremien sind auch funktionsfähig, wenn nicht alle Sitze besetzt sind.
Einzige Ausnahme: die Professoren müssen die Mehrheit haben. Denn das Hochschulrahmengesetz schreibt vor, daß wichtige Entscheidungen, wie Berufungen, nur durch die Mehrheit der Profs getroffen werden dürfen. Beispiel: Wenn in einem der Räte nur zwei Professoren sitzen, reicht dies nicht aus, denn keiner kann den anderen überstimmen. Fazit: Die fünf Gremien, in denen dies der
1Fall ist, dürfen doch nachwählen. Und zwar nur die Professoren. Eine entsprechende Vorlage wurde kürzlich von der Professorenmehrheit im Akademischen Senat durchgestimmt.
Eine Entscheidung, die unter Studenten großen Unmut hervorruft. „Die akademische Selbstverwaltung ist endgültig eine professorale, weil die Studierenden nicht mehr die Möglichkeit haben, ihre mageren Rechte wahrzunehmen“, beklagen die Studenten vom Fachschaftsrat Germanistik. Der AStA will prüfen, ob es möglich ist, rechtlich gegen diese Ungleichbehandlung vorzugehen. Immerhin, das Interesse an diesen Gremien ist wieder geweckt. Kaija Kutter
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