piwik no script img

■ Kultur sparen?Überflüssiges Geld

KULTUR SPAREN?

Überflüssiges Geld

Warum sich einmischen in den Bremer Kulturen-Streit angesichts der fehlenden staatlichen Mittel. Just go to poppa, dear Artist!? Kann so nicht mehr gelten. Papa Staat hat andere Probleme und ist klamm und heimlich dabei, sich davon zu schleichen. Und niemand weiß wohin.

Bei der Analyse kommen die beteiligten Optimisten, Pessimisten und Realisten zu unterschiedlichsten Ergebnissen. Gemeinsam ist allen die Verunsicherung zum Ende des Jahrtausends. Keiner weiß so recht, wo und was rechts und links, oben und unten ist. Wie sollen Künstler reagieren auf eine Wirklichkeit, die sich immer stärker und schneller von ihrer Interessenlage entfernt?

Stadt-Kultur ist immer auch Waren-Kultur. Nun aber stimmen die Botschaften des wirtschaftlichen Kreislaufs nicht mehr so recht. Kaneamari Gensho — das Phänomen des überflüssigen Geldes — beginnt sich zu verflüchtigen. Bilder sollten nicht einfach nur Geld sein. Darin liegt die Chance für die Künste und ihre Macher.

Lösen wir uns von einer „Kunst- im-öffentlichen-Raum“, die zu statisch gehandhabt zu viel man- power und finanzielle Mittel verschlingt. Gehen wir auf die Suche nach einem veränderten Kunstbegriff, bei der nur leichtes Handgepäck erforderlich ist. Schaffen wir „offene Situationen“ und „Kunst-Naht-Stellen“ in der Stadt, die keine großen Apparate erfordern.

Geheimnisvolle Orte um die Ecke in der Nachbarschaft, tote Winkel, wenn es sein muß, durch einen gelebten Kunstbegriff neu aktiviert. Jeder kennt solche Orte in der Stadt, die aus der Initiative Einzelner, Besessener entstehen.

Werden wir bescheidener in unseren Ansprüchen gegenüber der öffentlichen Förderung. Wenn wir die Schrankkoffer vor unserer Reise einlagern und die Lagerhäuser der Kunst bis zum Ende des Jahrtausends versuchsweise schließen, schaffen wir eine Menge „überflüssiges Geld“ und bezahlen damit die Reise-Stipendien der Bremer Künstler. Auf der Suche nach Poppa.

Und wenn sie nach Jahren zurückkehren in diese Stadt ohne öffentliche Theater und Museen? Risiko. Eine Kategorie, die zunehmend auch wieder die Künste bestimmen wird.

Was machen mit den Künstlern, die partout nicht hinter dem Ofen hervorzulocken sind, auch wenn der längst kalt bleibt?

Wegweisend wäre ein neuer Umgang mit Geld, das sich selbst überflüssig macht.

Wolfgang Hainke,

Konzept-Künstler

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen