: Kampf an zwei Fronten
■ „Liberators: Fighting on two fronts in World War II“ im Panorama
Schwarze Soldaten im Zweiten Weltkrieg: ein Stück amerikanischer Geschichte, über das beharrlich geschwiegen wurde. Weder in den Wochenschauen der Major Companies, noch in den späteren Spielfilmen tauchen sie auf. Die Kriegsgeschichtsschreibung hat sie einfach ausradiert.
Bis kurz vor dem Krieg waren Schwarze überhaupt nicht zur Armee zugelassen. Man befürchtete Wehrkraftzersetzung (wie heute bei den Schwulen). Dann kamen sie als Köche und Kellner zum Einsatz.
Erst nach dem Angriff auf Pearl Harbour wurden — hauptsächlich im rassistischen Süden — schwarze Kampfeinheiten gebildet und streng von den Weißen getrennt. Für die „Neger“ gab es ein eigenes Unterhaltungsprogramm, zum PX hatten sie keinen Zutritt. „Deutsche Kriegsgefangene wurden besser behandelt als wir“, sagt einer der Veteranen.
An die Front durfte die im Verlauf des Krieges auf fast 500.000 Mann angewachsene schwarze Armee jedoch nicht. Erst die hohen Verluste in Europa brachten die Heeresführung dazu, die Soldaten 1944 nach Frankreich und Deutschland zu schicken. Afro- amerikanische Einheiten waren an den KZ-Befreiungen in Dachau und Buchenwald beteiligt.
Den Rassismus im Amerika der vierziger Jahre stellt der Film neben den deutschen Genozid, ohne das Unvergleichbare vergleichen zu wollen. Der Kampf der Schwarzen findet an zwei Fronten statt. An den Restaurants in der Heimat hängen Schilder wie „No entrance for dogs, negroes and hispanics“. Vom öffentlichen Warteraum bis zum Bus: für sie bleibt nur der Hintereingang. Einer der ehemaligen Soldaten erzählt, daß ein schwarzer Soldat gelyncht wurde, als er sich nach Kriegsende in Uniform auf die Straße wagte.
Nina Rosenblum und William Miles fügen noch eine dritte Ebene hinzu: Die Begegnung der geächteten Befreier mit den Opfern des deutschen Rassenwahns. Zwei schwarze Soldaten des 761. Bataillons besichtigenen, 50 Jahre danach, mit einem ehemaligen Häftling das KZ Buchenwald. Ein Veteran hält vor jüdischen Überlebenden einen Vortrag. Rosenblum und Miles kombinieren Archivmaterial von den KZ-Greueln mit aktuellen Aufnahmen. Ohne es zu benennen, schlagen sie so den Bogen zu jeglicher Form von Rassismus. Dieser Film – der soeben für den Oscar nominiert wurde – ist ein völlig unreißerischer, genau recherchierter Beitrag zur Offenlegung verschwiegener Geschichte. Schade, daß der suggestive Off- Kommentar (gesprochen von Malcolm X, Denzel Washington) mit seinen unverhohlen patriotischen Untertönen die schwarzen Kämpfer zu verkannten Helden stilisiert. Für das Selbstbewußtsein der Black Community in den USA mag das wichtig sein. Die Inszenierung von Kriegsheroen bleibt, auch wenn sie vergessenen Verdiensten Tribut zollt, ein zweifelhaftes Unterfangen. Gerd Hartmann
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