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Gewerbe statt Baumblüte?

■ Alter Streit um neue Gewerbeflächen an Uni und Bayernstraße

Gewerbe statt Baumblüte?

Alter Streit um neue Gewerbeflächen an Uni und Bayernstraße

Farbenlager statt Möhrenbeete, Metallverarbeitung statt Kirschbaumblüte?

Waller Kleingärten zwischen Hohweg, Unionweg, Autobahn und Zubringer Freihafen sollen womöglich, nach Plänen aus dem Wirtschaftsressort, als Gewerbeflächen ausgewiesen werden. Es geht um die Ausweitung des Gebietes Bayernstraße und auch um die Erweiterung des Technologie- Parks an der Uni.

Dieses Vorhaben sorgte übers Wochenende richtig für Aufregung bei Beiräten, Bevölkerung, KleingärtnerInnen — und nicht zuletzt den Grünen im Beirat Walle, die den Plan zugespielt bekommen und am Samstag öffentlich ausgelegt hatten, damit „Waller Kleingärtner feststellen können, ob auch ihr Garten künftig Gewerbefläche werden soll“.

Die KleingärtnerInnen laufen Sturm, schließlich war das fragliche Parzellengebiet erst vor zwei Jahren im Bebauungsplan als Dauer-Kleingärten gesichert worden. Insgesamt wären rund 500 Parzellen betroffen. Die Waller Grünen kündigen ihre „entschiedenste Ablehnung“ der Pläne und die Unterstützung der ParzellistInnen an. Die SPD-Beiratsfraktion Walle sagt: „Mit uns nicht“ und nennt die Jäger-Pläne „Wunschdenken eines Koalitionspartners“.

Wirtschaftsssenator Claus Jäger (FDP) versteht die ganze Aufregung nicht und sieht den Konflikten gefaßt entgegen: „Ich bin nicht Senator geworden, um abzutauchen. Man muß auch politischen Mut haben, was durchzusetzen.“ Jäger hatte schon seit Jahren die Ausweitung des Gewerbegebietes Bayernstraße im Auge und möchte den Flächen-Streifen bis zur MVA gleich mit dazunehmen: „Zwischen Autobahn und Müllverbrennung und Deponie ist der Anbau von Gemüse sowieso nicht gerade günstig!“ Für Gewerbe sei aber das Gebiet ideal, weil es an Bahn und Autobahn bereits angeschlossen sei, weil Infrastruktur nicht eigens hergestellt und bezahlt werden müsse; hinter der Uni beim Rechen-Zentrum seien noch gar keine Parzellen vorhanden. Jäger: „Ausweisen heißt nicht, sofort in Anspruch nehmen. Das wird entschieden nach Nachfrage, aber dann muß es schnell gehen können.“ Daß ausgerechnet die Grünen jetzt Krach schlagen, findet Jäger unredlich: „Der Umweltsenator selbst hat in seinem 'Gewerbeflächenprogramm 2003' die Waller Kleingärten genannt.“

Mit einem Brief an den Landesvorsitzenden des Landesverbandes der Gartenfreunde, Johann Dreyer, reagierte Umweltsenator Ralf Fücks gestern auf die Aufregung um die Parzellen in Walle. Fücks stellt klar: Die Ausweisung von neuen, weiteren Gewerbeflächen in den Gebieten Bayernstraße und Universität auf Kosten der Kleingärten „ist weder mit meinem Ressort abgestimmt, noch wird sie aus der Sicht des Umweltschutzes und der Stadtentwicklung getragen. Ich empfehle vielmehr, von diesen Projekten die Finger zu lassen.“

Auch Fücks bestreitet nicht, daß in der Bayernstraße „entsprechend dem geltenden Planungsrecht“ das Gewerbegebiet um 13 ha bis zum Unionsweg erweitert werden soll; an dieser Planung seien damals auch die Kleingärtner und der Beirat beteiligt worden. Aber eine weitere Umwidmung von noch einmal 40 ha „wird von uns abgelehnt“, wie auch die Ausweitung des Technologieparks.

Für die grüne Fraktion erklärte die Abgeordnete Elisabeth Hackstein: „Jäger hat die absurde Zahl von jährlich 70 ha mehr angemeldet — schwer zu begründen bei einen tatsächlichen Bedarf von 29 ha. Das steht für uns nicht zur Diskussion.“

S.P.

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