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Traue nie einem Zöllner

■ Zweiter Verhandlungstag im Prozeß um Zigarettenschmuggel: Ein brandenburgischer Zollfahnder berichtet / Eine Milliarde Steuerschaden pro Jahr

Moabit. In den Wäldern von Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt verschwindet täglich ein LKW mit unverzollten Zigaretten. Nach einer Hochrechnung des Fiskus ging dadurch im vergangenen Jahr rund eine Milliarde Mark Steuern verloren. Das berichtete ein brandenburgischer Zollfahnder am gestrigen zweiten Verhandlungstag als Zeuge im Prozeß gegen acht mußtmaßliche Mitglieder einer internationalen Zigarettenschmugglerbande. Den Polen und Vietnamesen wird Schwarzhandel mit 40 Millionen HB-Glimmstengeln vorgeworfen (taz berichtete). Der Gesamtsteuerschaden: 7,5 Millionen Mark.

Nach Angaben des Beamten hat das Zollfahndungsamt lange gebraucht, um die Strukturen des Zigarettenschmuggels aufzudecken. „Zuerst haben wir gedacht, daß der größte Teil der hier auf dem Schwarzmarkt befindlichen Zigaretten aus Polen eingeschmuggelt wird.“ Inzwischen sei man klüger: Der größte Teil stamme aus bundesdeutscher Fabrikation, sei zur Ausfuhr ins Ausland bestimmt, komme dort aber nie an, weil die Ladung auf dem Weg zur Grenze in den Wäldern der neuen Bundesländer verschwinde. Den Angeklagten war der Zoll auf die Spur gekommen, nachdem man den Code auf beschlagnahmten HB-Päckchen entschlüsselte und erfuhr, daß diese aus der Hamburger BAT-Zigarettenfabrik kämen. Dort hätten die Beamten erfahren, daß der Hauptangeklagte Wieslaw R. über seine Hamburger Firma „Pakt Import Export“ bereits mehrere Transporte für angebliche Abnehmer in Polen abgewickelt habe und am 19. August 1992 eine weitere Lieferung nach Litauen durchführen wolle. Daraufhin seien die Fahnder dem LKW mit der heißen Fracht nach dem Verlassen des Werks unauffällig gefolgt. Nach zwei Tagen Irrfahrt und stundenlangem Warten auf Rastplätzen, „alles ohne Schlaf“, habe man die Verdächtigen um vier Uhr morgens in einem Waldstück bei Königs Wusterhausen gestellt: just in dem Moment, als zehn Millionen Zigaretten in zehn Kleintransporter wartender vietnamesischer Zwischenhändler verladen worden seien. Zwei bestochene deutsche Zöllner am Grenzübergang Pomellen sollen tatkräftige Unterstützung geleistet haben. Sie hätten mittels Stempel bestätigt, daß die Ladung die Grenze ins Ausland passiert habe. „Dabei war die Ware nie dort.“ Eine Überprüfung des zollamtlichen Gestellungsbuchs vor Ort habe ergeben, daß etliche der „Sendungen“ dort weder eingetragen noch an das zuständige Hauptzollamt in Hamburg ein Rückschein geschickt worden sei. Nach Angaben von Oberstaatsanwalt Neuhaus stehen die beiden Pomellener Zöllner mit diesem Verdacht nicht allein. Allein in Stralsund werde derzeit gegen 20 Zöllner ermittelt. plu

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