: Familienvater in türkischen Knast abgeschoben
■ Weil er mit seiner deutschen Ehefrau keine gemeinsame Wohnung fand, wurde der junge Türke Mehmet Kaya abgeschoben
Wohnung fand, wurde der junge Türke Mehmet Kaya abgeschoben
Was müssen eine deutsche Frau und ihr türkischer Ehemann tun, damit ihre Ehe von der Ausländerbehörde anerkannt wird? Dreimal die Woche bumsen? Nein! Zwei Kinder in die Welt setzen? Reicht nicht aus! Beide müssen zusammen wohnen. Und wenn sie kein gemeinsames Domizil finden, wird der Mann eben in die Türkei in den Knast abgeschoben. Kein schlechter Witz, sondern bittere Realität!
Vorgeschichte: Mehmet Kaya war erstmals 1989 als politischer Flüchtling nach Hamburg gekommen. Doch die Behörden lehnten seinen Asylantrag ab, wiesen ihn aus Deutschland aus.
In der Türkei lernte der 21jährige Diana kennen und heiratete die junge Deutsche im März 1991 in Istanbul. Die Frau, die in Hamburg lebt, bekam von Mehmet ein Kind. Im Mai 1991 folgte Mehmet seiner Ehefrau in die Elbmetropole. Aber illegal. Wegen der schlechten Erfahrungen mit den Behörden reiste er heimlich ein. Erst in Hamburg versuchte Mehmet über den Rechtsanwalt Ernst Medecke per Asylfolgeantrag eine Aufenthaltsgenehmigung zu bekommen. Doch die Behörde lehnte auch diesen Antrag ab und forderte den Türken erneut zur Ausreise auf.
Und das, obwohl Diana in wenigen Wochen ein zweites Kind von ihrem Ehemann erwartet. Ausländerbehördenchef Ralph Bornhöft in einem Brief an Anwalt Medecke: „Die für Ihren Mandanten zuständigen Sachbearbeiter haben sehr wohl verstanden, daß dieser mit einer deutschen Staatsangehörigen verheiratet ist und aus der Ehe bereits ein Kind hervorgegangen ist. Es ist den Mitarbeitern auch nicht entgangen, daß eine eheliche Lebensgemeinschaft bis zum heutigen Tag nicht aufgenommen wurde.“ Im Klartext: Beide wohnen nicht zusammen.
Das ging auch gar nicht. Denn Diana lebt mit ihrer Tochter in einem Zimmer des Theodor-Wenzel- Frauenwohnheims. Und trotz vielfacher Bemühungen gelang es dem Ehepaar bislang nicht, eine Wohnung zu finden, in der die Familie gemeinsam hätte leben können.
Vorigen Freitag machte die Ausländerbehörde dann kurzen Prozeß, die Ausländerpolizei nahm Mehmet fest und setzte ihn in den Abschiebe-Flieger. Alle Versuche, über das Verwaltungsgericht die Abschiebung zu stoppen, mißlangen. In der Türkei angekommen, landete Mehmet sofort in einem Istanbuler Knast. Nur gegen Zahlung eines deftigen Bestechungsgeldes gelang es den Angehörigen, ihn wieder aus dem Knast zu holen.
Auf taz-Anfrage zeigte sich Bornhöft über die Abschiebung — direkt in den türkischen Knast — betroffen: „Ich hab die Türkei noch nie für einen demokratischen Staat gehalten. Aber unsere Ausländergesetze sind nun mal so restriktiv. Ich hab sie nicht gemacht!“ Das Problem im „Fall Kaya“ sei gewesen, daß Mehmet illegal eingereist, die Ehe nicht in Deutschland geschlossen worden sei und daß beide nicht zusammen in einer Wohnung gelebt hätten. Bornhöft: „Das Leben in einer gemeinsamen Wohnung wird in der Definition für eine eheliche Lebensgemeinschaft als Voraussetzung angesehen. Das bezieht sich natürlich nicht darauf, wie oft beide miteinander schlafen.“ Bornhöfts Rat: Mehmet Kaya solle sofort einen neuen Einreise-Antrag zwecks Eheschließung stellen.
Ernst Medecke ist über das Behördenverhalten sauer: „Immer, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, kommt das große Bedauern.“ Der Gesetzgeber hätte schon längst derartige Vorschriften ändern wollen, verschiebe dies nur immer wieder. Medecke: „Die Ausländerbehörde hätte, wie in anderen Fällen auch, eine Duldung aussprechen können, bis Bonn den Schweinkam geändert hat.“ Kai von Appen
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