■ Radiodays
: Mittwoch

Wenn die Glotze außer Reichweite der Handspüle steht, schlägt meist die große Stunde des Radios. Doch was um 22.00 Uhr im Feature- Programm des SFB3 geboten wird, ist nichts für gewisse Aufräumstunden. Natürlich muß die „Spülriege“ deshalb nicht abtreten! Genau zuhören soll sie, denn „Es war einmal ein Bein“ ist eine Rarität in vielerlei Hinsicht. Hier erlaubt uns die Autorin Ursula Weck den ungekünstelten Einblick in eine intime Innenwelt, in die Geschichte ihrer behinderten Schwester Connie. Doch keine Angst – hier lauert keine Seelenschau oder Familienchronik. Denn was Connie zu erzählen hat, ist eine gesellschaftliche Sache! Es könnte jedem passieren: Ein Unfall, dann ein zweiter, und plötzlich besteht der Lebenslauf aus anderem als Uni, Reisen, Diskos. Die junge Frau erzählt aus ihrer Lebenssicht. Langsam und mit Bedacht. Fast so, als könne eine allzugroße Hast sie wieder schwer verletzen. Sie nimmt sich ihre Zeit, und peu à peu geraten auch wir Hörer – ohne je Voyeur zu sein – in ihre Welt. Behinderung, persönlich: Die Entmündigung an der Kinokasse, wo man der Dreißigjährigen ohne Begleitung den Zutritt verwehrt. Dann die Behinderung, bürokratisch: Dem ungeduldigen Beamten redet Cornelia zu langsam. Dabei ist das wahrhaftig kein Wunder: Wer jahrelang die „Politik der kleinen Schritte“ leben mußte, sieht Terminhetze wohl zu Recht nicht ein. Durch geschickte Montage mit literarischen Texten macht Ursula Weck die outsider story zu einem Hörstück nicht nur für Insider. GeHa