: Arbeitsämter schuld an ABM-Stopp?
■ Arbeitsminister Blüm spricht von zu großzügiger Mittel-Vergabe/ Fink: Mittel-Stopp „Katastrophe“
Bonn (dpa) – Zu großzügige Vergabe neuer ABM-Stellen Ende 1992 ist nach Ansicht von Bundesarbeitsminister Norbert Blüm (CDU) die Ursache für den überraschenden Stopp neuer ABM-Bewilligungen, den die Nürnberger Bundesanstalt für Arbeit in der vergangenen Woche verfügt hat. Dabei seien zahlreiche Stellen noch nach den alten Regeln mit 100 Prozent bezuschußt worden, statt mit 80 Prozent wie ab Anfang 1993 vorgesehen.
Schon im Vorjahr sei der ABM- Etat der Bundesanstalt um 900 Millionen Mark überzogen worden, obwohl eigentlich 560 Millionen Mark hätten gespart werden müssen. „Kurz vor Toresschluß ist im Dezember offenbar vieles zu den alten Bedingungen abgeräumt worden“, sagte Blüm. Nach seinen Angaben vom Montag flossen im Januar 1993 bereits zwei Milliarden Mark für ABM ab. Bewilligt wurden 34.000 Stellen, 24.000 mehr als erwartet. Für das ganze Jahr hat die Bundesanstalt für diesen Zweck 9,9 Milliarden Mark zur Verfügung, davon 7,8 Milliarden für Ostdeutschland. Dort haben einzelne Arbeitsämter große Summen für das Gesamtjahr bereits jetzt verplant. So habe ein Arbeitsamtsbezirk in Brandenburg bereits 500 Millionen Mark als gebunden gemeldet.
In Ostdeutschland gibt es nach Blüms Angaben derzeit 325.000 ABM-Stellen, im Jahresdurchschnitt sollen es 300.000 sein. Zusätzlich könnten 70.000 Stellen über ein Sonderprogramm für Umwelt-, Sozial- und Jugendeinrichtungen gefördert werden. Finanziert werden sollen sie durch eingespartes Arbeitslosengeld. In Westdeutschland gebe es 63.000 ABM-Stellen.
Kritikern hielt Blüm entgegen, sie müßten ihre Forderung nach mehr ABM-Plätzen politisch durchsetzen und nicht mit stillschweigenden Haushaltsüberziehungen.
Die umgehende Aufhebung des Bewilligungsstopps für neue ABM forderte der Gewerkschaftsrat der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft (DAG) am Montag in Hamburg. Der Vorsitzende der CDU- Sozialausschüsse (CDA), Ulf Fink, nannte den Bewilligungsstopp eine „katastrophale Entwicklung“. CDU-Generalsekretär Peter Hintze schlug vor, die öffentliche Hand solle jene Beträge in den ABM-Topf tun, die durch die um mehrere Monate verschobene Erhöhung der Beamtenbesoldung eingespart werden.
Die Nürnberger Bundesanstalt betonte, daß der im Bonner Nachtragshaushalt vorgesehene Zuschuß von 4,9 Milliarden Mark nicht für die Aufstockung von ABM-Mitteln dienen solle, sondern für die erwarteten Mehrausgaben für Arbeitslosen- und Kurzarbeitergeld bestimmt sei.
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