: Die Frauenbewegung kämpft auf der Fensterbank
Freiheit, Gleichheit, Schwesterlichkeit: 24 Stunden im März, kurz vor dem knospenden Frühlingsanfang — ■ ein feministischer Kampftag?
Heute ist Frauentag! Wie — Frauentag?? Also: Es gibt einen
Vatertag, einen Tag des Kindes, sogar einen Tag des Alpenveilchens. Mit allen diesen Tagen soll offensichtlich etwas gewürdigt werden, was sonst immer zu kurz kommt: der Vater, das Kind, das Alpenveilchen.
Soll den Frauen an diesem Tag also ebenfalls die Ehrung des An- sie-Denkens zuteil werden? Reicht denn der Muttertag nicht aus? Den gibt's schließlich schon seit dem 1000jährigen Reich, ist also gut eingeführt. Naja, es gibt wohl schon noch Frauen, die keine Kinder haben — einsam sind sie, wie das Alpenveilchen, das alleine und ungeliebt auf so manchen Fensterbänken dahinrottet.
Für diese armseligen, weiblichen Singles scheint so ein Ehrentag ganz erbaulich. Eine humanitäre und rührende Geste, dieser Tag, schließlich sind Frauen ja auch nur Menschen, oder? Nein, nein, zu bedanken braucht sich dieser kleine Teil der Bevölkerung dafür nicht. Aber ein fröhliches Gesicht erwarten wir an diesem Tag schon.
Wer hatte denn diese nette Idee? Ach, sie kam gar nicht von den Männern, als eine Art Dankeschön an diejenigen, die sie so sehr lieben? Es waren die sogenannten Emanzen, die mit dem 8. März ein Zeichen setzen wollten? Und wofür? Manche behaupten, diese 24 Stunden im März, kurz vor dem knospenden Frühlingsanfang, seien ein feministischer Kampftag, an dem die Schwestern — so nennen sie sich — für ihre Rechte als Frau eintreten wollten. Aha! Viele Rechte scheinen sie ja nicht zu fordern, wenn dafür ein Tag ausreicht. Oder hat die Frauenbewegung schon soviel Gleichberechtigung geschaffen, daß heutzutage wenige Stunden ausreichen, um das Gelernte in den Männerköpfen nur noch aufzufrischen? Ein Gedächtnistraining in Fair-Play sozusagen?
Aus gut informierten Männerkreisen hört man, die Gleichberechtigung sei schon längst erreicht, wenn nicht sogar übererfüllt: Schließlich gibt es inzwischen ja sogar die Quotenregelung, die die Frauen in bessere Positionen hievt — Männer also benachteiligt. Sollten die Frauen damit nicht endlich zufrieden sein?
Ach, sie wollten noch mehr? Freiheit, Gleichheit, Schwesterlichkeit — und lila Latzhosen? Sie sollen ja gekämpft haben: mit Frauen- Solidarität, politischer Arbeit und viel Moral, besonders was die Sachen im Bett angeht. Und was haben wir nun? Die lila Latzhosen sind verschwunden, der Soft-Sex ist passé, und die politische Arbeit findet zwischen Kaffeemaschine und Kolleginnen-Mobbing statt.
Tja, viel scheinen sie ja nicht erreicht zu haben. Aber ein hübsches Etikett ist es doch, gell? Und die kleinen Schwestern scheinen noch immer an den Feminismus zu glauben. Sie kämpfen weiter für Lohngleichheit, gegen Ausbeutung von Frauen und besonders gegen ihre eigene Aggression. Muß doch nicht sein, Mädels! Geht zur Demo am 8. März und fühlt euch solidarisch aufgehoben. Eure Alpenveilchen dürft ihr natürlich mitbringen.
Zner/Greta Eck
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