: Soundcheck
■ Jefferson Starship / NIcolette
SOUNDCHECK
Gehört: Jefferson Starship. Eine Handvoll lang ausgespielter Blues- Wuchtbrocken sowie eine Reihe leicht metaphysisch verhangener, von einem Grace-Slick-Ersatz leidlich charismatisch vorgetragener Psychedelia-Remineszenzen und die drei Originalmitglieder Paul Kantner, Jack Casady und Papa John Creach genügten, um statt den angekündigten Frisco-Veteranen einen Haufen Tanzband-Rocker ins Herz zu schließen. Der poussierliche Hang aller Beteiligten, sich an komischen Einlagen zu versuchen , z.B. Schweinerock spielen, Gesichtsverzerrungen und Gitarrensoli koordinieren oder die drakonische Ankündigung jetzt „real stuff“ zu spielen, hinterließen bleibende Eindrücke: Creach, gutwillig gegen seine aus der Kontrolle geratende Motorik kämpfend, hielt sich auf dem Posten eines Metal-Violinisten. Auf der anderen Seite der Bühne strengte den mitgebrachten Gitarristen die lustvolle, oben beschriebene Mimik-Maloche sichtbar an. Jefferson Starship/Airplane erreichten durch diesen Anblick, was die Berichterstattung vor 25 Jahren öfter als Minimal-Erlebnis bei Konzerten der Gruppe ausgegeben hat und mit einem verheißungsvollen Begriff belegte: Kulturschock. Kristof Schreuf
Heute abend: Nicolette. Mit ihrem Debüt-Album Now Is Early ist es Nicolette gelungen, den Fluß des ewigen „Ist-hübsch-aber-kennen- wir-schon“ durch Verwirrung zu brechen. Zu wildgewordenen House- und Breakbeats aus dem Studio Shut Up And Dance, die wie fassungslos vor sich hin rumpeln, singt das Mädchen aus Cardiff mal piepsig, mal jazzy, mal free, mal konventionell, als gäbe es keinen Zusammenhang zum musikalischen Untergrund. Was zuerst wie die Verwechslung von Tonspuren wirkt, entpuppt sich schnell als spartanische Wucht. Die Konzentration auf das Skelett erregt die Phantasie und verstärkt die Ohren. Freiheit ist hier, wenn nichts so kommt, wie man es erwartet, es aber trotzdem stimmt. Dabei hat Nicolette nicht einmal übermäßige Portionen Soul in der Stimme. Vielmehr erinnert sie öfters an Nancy Sinatra, als an ihr Vorbild Ella Fitzgerald. Aber das mutige Konzept einer nackten Stimme über einem rhythmischen Rost verströmt tieffliegende Sympathie. tlb
Schöne Aussichten, 20 Uhr
Außerdem: Der ehemalige Gitarrist der Hamburger Dark-Wave- Formation Sisters Of Mercy verenglischt seinen Namen, um selbst internationaler Popstar zu werden, und nennt sich statt Andreas Bruhn, wie ihn seine Mutter hieß, nun Broon. Musikalisch Triefsinniges für Mehlgesichter ist sein Werk.
Marktgalle, 21 Uhr
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