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Volker Zerbe sah den falschen Film

■ Die Wiederauferstehung der Handball-Nationalmannschaft ist fast abgeschlossen

Berlin (taz/dpa) - Nach dem Spiel saßen 2,11 Meter völlig entgeistert in der Kabine und konnten es nicht fassen. Volker Zerbe, der riesenhafte Halbrechte, verkraftete nicht recht, daß die deutsche Handball-Nationalmannschaft auch nach dem vierten Spiel der Weltmeisterschaft noch ungeschlagen ist. „Wie im falschen Film“ kam er sich vor beim 23:16-Sieg gegen Island. Die waren immerhin als Olympia-Vierter angereist und natürlich noch geschockter über die junge und unerfahrene BRD-Auswahl, die zeitweise sogar Handball spielte und sich nicht nur auf die vorher so erfolgreiche Destruktiv-Taktik verließ. „Die haben mit unglaublichem Herz gekämpft und nicht mit alten Männern gespielt, die ihren Olympia-Urlaub verbrachten,“ suchte Islands Trainer Adalsteinsson nach Erklärungen.

Mit nun 4:2 Punkten und Platz drei in der Gruppe B hinter Gastgeber Schweden (6:0) und Rußland (5:1) ist nicht nur der achte Platz, der die Direktqualifikation für die nächste WM bedeuten würde, fast sicher, sondern vielmehr scheint gar „alles möglich“, glaubt Kreisläufer Christian Schwarzer, der zwar selbst nur ein Tor warf, aber mit seinen zwei Zentnern die Rückraumschützen ein ums andere Mal freisperrte.

Im heutigen Spiel gegen die Titelverteidiger aus Schweden werden die Jungs nun entweder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt oder... Ja, oder? Die Schweden haben auf jeden Fall einen Respekt entwickelt, der vor der WM noch unmöglich erschien: „Wer so spielt, kann wie wir weit kommen,“ staunte der für Kiel in der Bundesliga tätige Wislander. Zwar will Bundestrainer Armin Emrich die Euphorie nicht dämpfen und traut seinen Grünschnäbeln zu, daß sie selbst ihre Leistungen am besten einordnen können, aber mehr als daß der Weltmeister „ein bißchen geärgert“ werden könnte, wagt auch er nicht zu hoffen.

In der Heimat bricht derweil neue Goldgräberstimmung aus. Die Bundesliga-Manager hoffen auf weitere Erfolge, höhere Einschaltquoten und größere Werbewirkung. „Die Sponsoren werden interessierter, die Fernsehübertragungen werden sich vermehren. Auch die Zuschauerentwicklung wird sich positiv entwickeln,“ träumt Gerd Schmitt von der SG Leutershausen den Traum, den zuletzt Vlado Stenzel wahr machte.

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