: Draußen vor dem Club
■ „Die Straße zum Club“, heute, Südwest 3, 21.15 Uhr
Die „Sterne des Südens“ haben uns am Binnenleben der Clubparadiese mit all seinen Höhen und Tiefen teilnehmen lassen. Der Dokumentarfilmer Per Schnell hat sich nun jenseits einer schicken Anlage auf „die Straße zum Club“ begeben. Schauplatz ist eine Stadt im Osten Sri Lankas, dort wo die TUI- Tochter „Robinson“ eines ihrer landestypischen Gettos führt. In der Mehrzahl gutverdienende Freiberufler und Selbständige buchen im Club für zwei, drei Wochen unkomplizierte Ferien, an traumhaften Stränden mit deutschem Bier, einheimischem Personal und banaler Zerstreuung. Auf der Straße zum Club, wohin sich die Urlauber nur selten verirren, sucht Schnell die Spuren dieser erholungssüchtigen, hedonistischen Freizeitwelt.
Das Freizeitreservat ist gegen Nähe zum Fremden sorgsam abgedichtet: Kontrollen und Durchsuchungen der einheimischen Angestellten garantieren den Urlaubern Sicherheit. Zwar ist das Champagnerfrühstück immer ausgebucht, dafür kommt der Ausflug ins enfernt gelegene Dorf, um „Land und Leute“ kennenzulernen, nur mit Schwierigkeiten zustande. Und auch das Berliner Apothekerehepaar wagt nur zögerlich die Einladung eines ceylonesischen Clubangestellten anzunehmen. Die Kamera begleitet sie. Nachdem das Eis geschmolzen ist, ist das Ehepaar zwar immer noch verkrampft, aber um so gerührter, zum Beispiel über die leere Rhein-Wein-Flasche im Wohnzimmerschrank und die herzliche Gastfreundschaft „ohne Hintergedanken“. Ungleiche Begegnung pur. Eine Schneise des Wohlstands zieht sich vom Club ins Land: Der Schmuckhändler, der Schlepper, der Beachboy, den die nordischen Frauen bevorzugt lieben, und der einheimische Animateur haben es zu einem relativ hohen Einkommen gebracht. Außen vor bleibt die Marktfrau, deren Ware immer teurer wird, der Schneider, der sich den Fisch nicht mehr leisten kann, und der Lehrer, dem die Schüler weglaufen. Betteln ist lukrativer, als zur Schule zu gehen oder zu arbeiten. Zwar haben nur wenige der Gesprächspartner im Film eine Schulbildung geschweige denn Ausbildung genossen, dafür sprechen alle im Radius des Clubs irgendwie Deutsch. Der Club mit seinen wohlgenährten, finanzkräftigen Besuchern und den verhältnismäßig gutbezahlten Jobs ist ein Magnet.
Die Serie „Sterne des Südens“ hat das Fernsehpublikum zur besten Sendezeit auf das Clubthema zwischen Freiheit und Abenteuer konfliktfreudig eingestimmt. Die realen Dramen von Prostitution, Identitätsverlust, Verarmung und täglich praktizierter kultureller Ignoranz, die „die Straße zum Club“ zeigt, eignen sich allerdings weniger zur Identifikation. Dafür erfährt der Zuschauer zur Abwechslung etwas über das besuchte Land. Edith Kresta
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