Sanssouci
: Nachschlag

■ Liedstrich-Gala im Schwuz

Am ersten Frühlingssonntag, vielleicht nach einem Spaziergang in der kampfhundverschissenen Hasenheide, zieht man abends natürlich zur Liedstrichgala ins Schwuz. Den Auftakt zur schwulen Frühlingssaison in Korallfarben und schwarzen Strapsen bot am Sonntag die heitere Show „Frühling wird's, der Sperling piept“. Durch das Programm führten diesmal Renate Wanda de la Gosse, mal im grellen Frühlingsfummel, mal „Supertranse 2000“, und Assistentin Gloria mit den überhaupt nicht enden wollenden Beinen.

Thats Showbiz nearby the Hasenheide: Travestie mit viel Playback und Gesang, lustigem Quiz und Traumpartnerspiel mit Diashow. Die Liedstrichgala zeigt an einem Abend, wofür die Fernsehunterhaltung ein paar Jahrzehnte gebraucht hat. Da hieven sich „Die Flying Dildos“ mit zitternen Oberschenkelmuskeln gegenseitig in die Höhe, fixieren das Publikum mit ernsten Blicken und lassen ihre eher dezenten Oberarmmuskeln spielen. Das Parkett ist ausgelassen. Assistentin Gloria reicht schließlich die Bademäntel.

Beim Frühlingsquiz können sich Uschi und Birgit nicht rausreden. Unbarmherzig ins grelle Scheinwerferlicht gestellt, müssen sie ihr Wissen über schwule Kultur („Gibt es eine Klappe Turm-, Ecke Wilnacker Straße?“) unter Beweis stellen. Als Hauptpreis gibt's die Modezeitschrift „Petra“.

Bei der Liedstrichgala nimmt man sich auf der Bühne nicht so ganz ernst. Das gibt ihr den besonderen Charme. Jeder ist ein Star, und alle führen sich so auf. Das Schöne ist, daß jeder Patzer echt ist, nur weiß das niemand so genau. Und das Publikum immer live dabei, liebt die Späße, die alles andere als moralinsauer daherkommen: Aufklärung in Sachen Klappensex erfahren die Herren in einem Interview mit dem Experten Herrn O., der freimütig über Geruch und Ausstattung der schönsten und übelsten Pissoirs Berlins plaudert. Kleiner Tip für brenzlige Situationen: Man kann sich zum Beispiel einfach totstellen.

Renate schreitet in High Heels über die Bühne, positioniert ihren Körper und lädt die Phrasen der Fernsehshows mit neuer Geschwindigkeit. Cora Frost aber ist der Star des Abends. Am Klavier von Gert Thumser begleitet, singt die Chansonette frivole Schlager und Chansons aus ihrem BKA-Programm „Ruckzuck ist die Lippe dick“. Im luftigen Frühlingskleid, mit Kunststoffboa und falschem roten Axelhaar. Janz waldorffsch und ringelnatzsch. Sehr schön. Noch einmal Gloria und Renate mit einem „spontanen Vollplayback“, der spanischen Version von „Thank you for the music“, und schon heißt es Abschiednehmen. Die Künstler winken, die Abschiedsmelodie erklingt. Fehlt nur das Eurovisionszeichen. Petra Lüschow