piwik no script img

Massenarbeitslosigkeit nimmt weltweit zu

■ Auch Deutschland stark betroffen

Genf (AP/taz) – Die Zahl der Arbeitslosen ist im vergangenen Jahr weltweit auf rund 110 Millionen gestiegen. Das geht aus dem gestern vorgelegten Bericht der Weltarbeitsorganisation (ILO) hervor. Der niederländische Ökonom Wouter van Ginneken, unter dessen Leitung der Bericht erstellt wurde, schätzt allein die Zunahme gegenüber 1991 auf bis zu acht Millionen. Zählt man zu den Arbeitslosen noch jene Erwerbstätigen hinzu, die wegen geringen Lohns unter der Armutsgrenze leben müssen, dann ist ein Drittel der Weltbevölkerung im arbeitsfähigen Alter ohne Möglichkeit, den Lebensunterhalt aus eigener Kraft zu sichern.

Am schlimmsten betroffen ist dem ILO-Bericht zufolge Afrika, wo die Arbeitslosigkeit in den Städten 15 bis 20 Prozent erreicht; die Erwerbslosigkeit auf dem Land nimmt jährlich um etwa zehn Prozent zu. Doch auch die Industriestaaten blieben von der weltweiten Rezession nicht verschont: Zwar konnten die Vereinigten Staaten, Japan und einige europäische Länder 1992 einen Stellenzuwachs verbuchen, doch dieser wurde von erheblichen Beschäftigungseinbußen in Deutschland, Großbritannien, Spanien, der Schweiz und in Skandinavien wieder aufgezehrt. Die 24 reichsten Länder, die der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) angehören, melden allein 8,2 Prozent Arbeitslosigkeit – eine Zunahme um 0,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der Dienstleistungssektor, so der Bericht, sei nicht mehr in der Lage, die Verluste in der Industrie aufzufangen.

Die osteuropäischen Staaten verloren bis März 1992 dem Bericht zufolge über vier Millionen Arbeitsplätze. Allein die Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion haben 1991 einen Verlust von zwei Prozent ihrer Stellen gemeldet. Die ILO nimmt an, daß in den Betrieben noch zahlreiche Arbeiter beschäftigt sind, die längst keine Aufgaben in der Produktion mehr erfüllen. Nur Asien, so die ILO-Experten, könne als einzige Region einen konstanten Arbeitsplatzzuwachs verzeichnen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen