■ Deutsche Hilfstransporte nach Bosnien: Rosinen statt Resolutionen
Ja, die Argumente sind wohlbekannt. Ein Tropfen auf den heißen Stein seien diese Rosinenbomber für Bosnien, ungeeignet, den Menschen dort wirkliche Hilfe zu bringen. Sind nicht gar Menschen von aus der Luft abgeworfenen Paletten erschlagen worden, bringen sich Hungernde nicht im Kampf um Fast food gegenseitig um? Kulturimperialisten seien da außerdem am Werk, die den Moslems Schweinefleisch zum Fraße vorwerfen. Statt der wirkungslosen Propagandashow sollte man doch endlich dafür sorgen, daß das Embargo gegen Serbien wirklich greife. Aber da stehen natürlich „vitale außenpolitische Interessen“ dagegen ...
Alles richtig. Natürlich ist der Bundeswehreinsatz über Bosnien eine wunderbare Aktion, um das Image der Truppe wieder aufzubessern und um gleichzeitig das Volk auf andere internationale, vielleicht nicht ganz so humanitäre Einsätze vorzubereiten. Aber dennoch. Die große Keule, die entlarvend auf das Versagen der internationalen Staatengemeinschaft im allgemeinen und der USA und der Europäischen Gemeinschaft im besondern zielt, weil diese zwar fleißig über eine Intervention auf dem Balkan diskutieren, deren Hilfszöllner an den serbischen Grenzen aber um 5 Uhr Feierabend machen, sie trifft nicht. Die Hungernden in Bosnien können weder wohlgemeinte Resolutionen fressen, noch werden sie satt, wenn morgen hundert mal hundert Kompanien Zöllner das Embargo gegen Serbien überwachen würden. Sie benötigen jetzt Hilfe. Und wenn die Lebensmittel auch nicht reichen, jedes abgeworfene Pfund Schweinefleisch ist doch besser als zwei Pfund intellektuellen Gehirnschmalzes, das folgenlos bundesrepublikanische Debatten verkleistert.
Daß die Deutschen wegen ihrer mörderischen Vergangenheit auf dem Balkan keine Dosenmilch für Muslime abwerfen dürften, wie bisweilen behauptet, ist nun wirklich nicht einzusehen. Der Einsatz bundesdeutscher Rosinenbomber über Ostbosnien hat mit Krieg so viel zu tun wie ein Feuerwehreinsatz mit einer Brandstiftung. Daß die fliegende Feuerwehr mit zu wenigen Löschwagen unterwegs ist, um das Feuer zu löschen, kann nur zu der Forderung führen, den Einsatz noch zu verstärken. Freiwillige vor! Klaus Hillenbrand
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