: Ring frei für neues Expo-Gerangel
Bundeskanzler Kohl macht Hannover eine prinzipielle Zusage für Hilfe, ohne sie zu konkretisieren/ Expo-Fan Gerhard Schröder: Ein Signal ist schön, aber Geld ist besser ■ Aus Hannover Jürgen Voges
Ein halbes Jahr lang seien die Verhandlungen zwischen Niedersachsen und dem Bund über die Weltausstellung „Expo 2000“ praktisch blockiert gewesen, so sagte es gestern der Expo-Beauftragte der niedersächsischen Landesregierung.
Seit Bundeskanzler Helmut Kohl allerdings am Dienstag abend im hannoverschen Opernhaus die Cebit-Messe eröffnete, steht zumindest für die hannoversche Lokalpresse fest: „Expo kommt“ oder auch: „Weg zur Expo ist frei“. Ordentlichen Beifall hat der Kanzler im Opernhaus von 2.000 Gästen „aus Wirtschaft und Politik“ für seine befürwortenden Sätze zur Expo 2000 bekommen und dabei doch nur alte Versprechen wiederholt. „Ein Signal ist schön, aber Geld ist besser“, kommentierte selbst der Expo-Fan Gerhard Schröder die Äußerungen des Kanzlers.
„Die Bundesregierung wird sich im Rahmen ihrer begrenzten finanziellen Möglichkeiten an der Expo 2000 in Hannover beteiligen“, sagte Kohl wörtlich zur Messe-Eröffnung. Er kündigte den Beitritt des Bundes zur noch zu gründenden Expo-Gesellschaft an und versprach über Mittel aus dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) auch den für die Weltausstellung notwendigen Ausbau des hannoverschen Nahverkehrs zu fördern. Kohl fügte dem aber hinzu, daß die „Expo 2000 vor allem eine Sache des Landes Niedersachsen“ sei.
In den sich schon über Jahre hinziehenden Verhandlungen zwischen Bund und Land war allerdings nie streitig, daß sich der Bund an Expo-Gesellschaft und Nahverkehrsausbau beteiligt, streitig war immer die konkrete Kostenverteilung. Ein Sprecher der niedersächsischen Staatskanzlei knüpfte die Bewertung der Kohlschen Expo- Zusage denn auch gestern an eine Reihe von Bedingungen: Kohls Äußerung über eine Beteiligung des Bundes bei der Expo-Gesellschaft sei „gut“, wenn damit gemeint sei, daß der Bund für etwaige Verluste durch die Ausstellung in angemessener Höhe hafte. Kohls Äußerung zur Beteiligung am Nahverkehrsausbau, sei „gut“, wenn die den Ländern aus dem (GVFG) zustehenden Mittel in der bisherigen Höhe erhalten blieben.
Beide Punkte sind seit langen in den Expo-Verhandlungen strittig. Die Kosten für das nun schon mehrmals abgespeckte Expo-Verkehrskonzept will das Land größtenteils aus jenen GVFG-Mittel finanzieren, die Niedersachsen ohnehin für den Nahverkehr fest zustehen. Dies geht aber nur, wenn der Bund auch nach 1995 allen Ländern wie bisher jährlich 6,3 Milliarden an GVFG-Mitteln zahlt. Die jetzige gesetzliche Regelung sieht vor, daß diese Summe ab 1996 auf 3,3 Milliarden absinkt. Eine Lücke von 700 Millionen haben die Expo-Planer errechnet, falls die GVFG-Mittel nicht auf der heutigen Höhe fortgeschrieben werden. Von jeher offen ist auch die Finanzierung der Weltaustellung selbst. Auf dem Papier ist bisher eine kostendeckende Expo konzipiert worden, die weitgehend über Kredite vorfinanziert werden soll. An dem Grundkapital der eigentlichen Expo-Gesellschaft von nur 100 Millionen DM sollen sich der Bund mit 40, das Land mit 30, die bundesdeutsche Wirtschaft mit 20 und die Stadt Hannover mit 10 Prozent beteiligen. Die für die Expo-Investitionen notwendigen Kredite sollen über eine Bürgschaft abgesichert werden, die allein der Bund und das Land gewähren sollen. Nach dem Willen des Landes soll der Bund 65 und das Land 35 Prozent dieser 500 Millionen verbürgern. Wenn den Prognosen zum Trotz diese Bürgschaft nicht zur Expo- Finanzierung ausreicht, muß nachgeschossen werden. Der Bund soll also am Ende für 65 Prozent aller Weltausstellungskosten geradestehen. Die Expo wäre keineswegs vor allem eine Sache Niedersachsens. Ein ganzes Jahr hat das Land vergeblich auf einen Bonner Kabinettsbeschluß zur Expo gewartet. Nun sollen Verhandlungen über einen Expo-Vertrag zwischen Bonn und Hannover beginnen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen