: Anders Reisen in Namibia
Eine Mitreisezentrale abseits touristischer Trampelpfade ■ Von Gesine Krüger
Namibia ist wunderschön, von Frankfurt aus in zwölf Stunden zu erreichen und als Reiseland verhältnismäßig preiswert. Neben dem Polittourismus und zweifelhaften Jagdreisen, die schon in Zeiten des Kulturboykotts florierten, erschließt sich Namibia jetzt auch unbeschwerter Reiselust und Neugier. Auch die Regierung des seit 1990 unabhängigen Landes setzt auf den Tourismus als einen der bedeutendsten Wirtschaftszweige der Zukunft.
„Ein bißchen deutsch, prickelnd exotisch“, so die Werbung für einen jüngst erschienenen Reiseführer über Namibia. Hat man aber nicht die Möglichkeit, die ausgetretenen Pfade des Pauschaltourismus entlang der üblichen Stationen zu verlassen, prickelt die Exotik vor allem im Longdrink-Glas auf der Veranda des Restcamps zur abendlichen blauen Stunde. Dabei kann man eine verblüffende Beobachtung machen: die touristische Infrastruktur entspricht zu großen Teilen der Militärstruktur der deutschen Kolonialzeit. Man kann in ehemaligen Festungen übernachten und in der alten Polizeistation tafeln, den Soldatenfriedhof besuchen, und am Waterberg, dem Ort der letzten Schlacht zwischen den Deutschen und den Herero, wurde ein luxuriöses Restcamp errichtet. Die südafrikanische Besatzung, die immerhin von 1915 bis 1989 dauerte und den Norden des Landes seit den 60er Jahren mit einem Krieg überzog, findet in diesem Urlaubsbild nicht statt.
Um „vom Weg abzukommen“, braucht man zumindest einen eigenen Mietwagen, möglichst mit Vierradantrieb. Ist man aber nicht verwandtschaftlich oder durch jahrelange Solidaritätsarbeit dem Land verbunden, stellt sich die Frage nach dem Wohin und Wie.
In der Hauptstadt von Windhoek gelandet, kann man zum Beispiel bei Heißgetränken und Torte im Central-Cafe, versorgt mit diversen Reiseführern, Karten und Unterlagen der Touristeninformation; wenn wildes Campen nicht erwünscht ist, Buchungen für Unterkünfte per Telefon und über das „Ministery for Nature Consevation“ vornehmen und schließlich ein Auto mieten oder sich auf das Abenteuer öffentlicher Verkehrsmittel einlassen. Es gibt aber noch eine Alternative.
Martin von Lüttichau, ein junger schwarzer Namibier, hatte eine gute Idee. Vom Studium in der Bundesrepublik Deutschland (Brauereiwesen!) zurückgekehrt, gründete der 32jährige die erste und einzige Mitwohn-, Mitfahr- und Mitreisezentrale des Landes in der Hauptstadt.
Jenseits der Trampelpfade des üblichen Tourismus vermittelt und organisiert von Lüttichau, dessen Vorfahren der Fama nach nicht nur auf deutscher, sondern auch auf afrikanischer Seite aus dem Hochadel entstammen, individuelle Touren und Mitfahrgelegenheiten. Es gibt keine festen Programme. Die Reisewilligen können entweder eine bereits zu Hause geplante Tour anmelden, oder eine Gruppe, die sich vielleicht auch erst vor Ort zusammengefunden hat, plant gemeinsam mit dem Jungunternehmer die Reiseroute. Das Fahrzeug, die Buchung von Unterkünften, umfassende Landeskenntnis und mehrere Sprachen fließend (darunter Englisch und Deutsch) stellt Martin von Lüttichau selbst zur Verfügung. Die Reisen hängen nach Länge und Komfort von Budget und Neigung ab: Zelt oder Hotel, Camps oder Bungalows – oder von allem etwas.
Die Reisen können bis an die angolanische Grenze gehen und sollen beide Seiten des Landes zeigen: Sehenswürdigkeiten und Dörfer, europäisches und afrikanisches Leben, Landschaften und Orte und auch die Spuren von Kolonialismus und Krieg.
Die Vorteile liegen auf der Hand. Ist man allein im Mietwagen unterwegs, wird man vermutlich zögern, in einem Dorf am Wegesrand mal kurz zum Abendessen vorbeizuschauen. Mit Lüttichaus Touren ist genau dies möglich. Beim Besuch von Dorf und Markt sind dumme Fragen erlaubt, es darf in Töpfe und Häuser geschaut werden, und Werkzeuge, Gerätschaften, Architektur sowie eventuell stattfindende Feste (falls gerade Saison ist) werden erklärt.
Die Neugier auf den für Reisende weniger augenfälligen und zugänglichen Teil Namibias muß nicht vor der Hauptstadt haltmachen. Auch hier können Stadtrundfahrten und Stadtführungen, die beispielsweise die Townships mit einbeziehen, gebucht werden. Daneben ist Martin von Lüttichau Spezialist für die Vermittlung und Organisation von fast allem. Braucht eine Praktikantin oder Studentin ein Zimmer? Muß ein Paket von Swakopmund nach Windhoek befördert werden? Gibt es Mitfahrgelegenheiten nach Südafrika? Wie bekommt man ein Visum für die Nachbarländer? Wer organisiert unsere Tagestour? Auch die ganz konventionelle Vermittlung von Mitfahrgelegenheiten von Ort zu Ort für Einheimische und Touristen stehen auf dem Programm. Eine Fahrt von Windhoek nach Kapstadt kostet zum Beispiel ungefähr 180 Rand, die Vermittlungsgebühr beträgt dabei 42 Rand. (1 Rand=50 Pf.)
Die Vermittlung von Kontakten und Informationen ist für Studenten und Praktikanten übrigens kostenlos.
Anschrift: Box 21903, Windhoek 9000, Namibia,
Tel.: 00264-61-230458
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