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Familie Krauses Flug ins Glück

Terminplanung ist alles: Der Verkehrsminister brachte seinen Sohn 1991 im Regierungsflugzeug der Luftwaffe nach San Francisco zur Schule/ Mit dabei: Frau Krause und eine Ministeriumsdelegation  ■ Von Klaus Wittmann

Jacksonville/Bonn (taz) – Familie Krause – eine Familie, die zusammenhält. Nicht nur, daß die Ministergattin günstig Äcker ver- und Putzfrauen einkauft, nein, auch für den Sohn des Bundesverkehrsministers ist gesorgt: Er wird gleich mit der Luftwaffe zur Schule gebracht. Wie das geht? Ganz einfach.

1991 war Krause jun. Austauschschüler in der Nähe von San Francisco. Nach einem Aufenthalt daheim in Deutschland wurde dem jungen Mann ein ungewöhnlicher Rückflug nach Kalifornien ermöglicht – von seinem Vater, dem Verkehrsminister. Der hatte zusammen mit einer achtköpfigen Delegation, zufällig zu der Zeit, als der Filius zurück in die Schule mußte, auch Termine in den Staaten und nahm seine Frau und seinen Sohn mit.

Am Donnerstag, den 21. November 1991 gegen 16 Uhr startete die Luftwaffenmaschine Challenger 12-01 in Jacksonville (Florida) vom Firmenflugplatz der großen Eisenbahngesellschaft CSX mit Ziel San Francisco. Daß der Sohn dort zur Schule gebracht werden sollte, hat der taz inzwischen die erfolgreiche Unternehmerin Rosi Anderson aus Jacksonville bestätigt. Mrs. Anderson betreut seit vielen Jahren auf Bitten verschiedener Behörden immer wieder deutsche Gäste, die nach Florida kommen, so auch die Gattin und den Sohn von Verkehrsminister Krause, als dieser einen Tag in Jacksonville weilte. „Ich war sehr überrascht, als ich auf der Fahrt zum Flughafen hörte, daß es per Bundeswehrflugzeug weitergeht nach San Francisco, wo der Sohn zur Schule geht“, erinnert sich Rosi Anderson. Die gebürtige Deutsche, die seit 20 Jahren in Amerika lebt, ist jedoch noch mehr überrascht, „warum nicht früher schon Journalisten nachgefragt haben.“ Sie bestätigt unsere Informationen und erinnert sich auch daran, daß auf der Fahrt zum Flughafen über den Führerschein des Sohnes und die Möglichkeiten, diesen in Deutschland umschreiben zu lassen, gesprochen wurde. Krause jun. hatte in den Vereinigten Staaten mit 16 Jahren die Fahrlizenz erworben, was in der BRD bekanntlich erst mit 18 möglich ist. Der Führerschein wurde tatsächlich später in Deutschland umgeschrieben, und so kann der inzwischen 17jährige Ministersohn, anders als seine Alterskollegen, mit dem Auto zur Schule nach Rostock fahren.

Das Bundesverkehrsministerium will zu der 180.000 Mark teuren Krause-Reise nach Amerika keine näheren Angaben machen, will auch zu dem Termin in San Francisco nichts sagen. Krause- Sprecher Gert-Jürgen Scholz erklärt, es sei doch schon recht lange her und außerdem habe Minister Krause, wie jeder andere Minister auch, das Recht, die Flugbereitschaft des Verteidigungsministeriums in Anspruch zu nehmen. Scholz will die Fragen am Telefon nicht beantworten, will sie schriftlich vorgelegt bekommen. Doch auf unseren 13-Punkte-Fragenkatalog kommt nur die lapidare Antwort, die USA-Reise sei bereits in der Fragestunde des Deutschen Bundestages am 4. Dezember 1991 erörtert worden. Scholz wörtlich: „Ich sehe daher keine Veranlassung, über die gegenüber dem Deutschen Bundestag gemachten Auskünfte hinausgehend zu dem Vorgang weiter Stellung zu nehmen.“

Keine Auskunft zum Zweck und Ergebnis der Reise, lediglich der Verweis auf das Bundestagsprotokoll. Bei der Fragestunde zu der Krause-Reise wurde von mehreren Abgeordneten die Notwendigkeit des teuren Jet-Einsatzes hinterfragt. Statt der 180.000 Mark Flugkosten hätte es auch ein Linienflug 1. Klasse mit der Lufthansa getan, der laut dem SPD-Abgeordneten Rudolf Bindig nur etwa 70.000 Mark gekostet hätte. Doch laut Staatssekretär Dieter Schulte war dem Minister der Linienflug im vorliegenden Fall nicht zuzumuten, „da sonst das terminlich dicht gedrängte Programm an zahlreichen Orten sowohl an der West- wie auch der Ost-Küste nicht zu bewerkstelligen gewesen wäre.“

Die dichtgedrängten Termine, das war zunächst ein Aufenthalt in Washington D.C., wo eine internationale Eisenbahner-Tagung stattfand. Nach dieser Tagung flog Krause weiter nach Jacksonville in Florida zu Gesprächen mit Managern der Eisenbahngesellschaft CSX. Ein Termin, um den sich Krause selbst bemüht hatte und der so gut wie nichts gebracht hat, wie man sich im CSX-Management erinnert. Sogar die Wirtschaftsredaktion der Lokalzeitung, der Florida Times-Union, berichtet mit sanfter Ironie über Krause, „der kein Englisch spricht“, von den CSX-Managern aber in Deutsch begrüßt wurde. Lediglich eine einspaltige Meldung ist der Zeitung der Krause-Besuch wert, vier Tage nach der Visite des Ministers.

Bei der Flugbereitschaft des Bundesverteidigungsministeriums kann man sich zwar noch an den Krause-Flug mit der Challenger 12-01 erinnern. Nähere Angaben dazu sind aber auch hier nicht mehr möglich. Weil die Daten der Reise mit diesen Flugzeugen (anders als bei klassischen Langstreckenmaschinen) schon nach einem halben Jahr gelöscht werden – aus Kostengründen!

Gerade nach der Lektüre des Bundestagsprotokolls bleiben neue Fragen offen. Die taz stellte sie, schriftlich, wie gefordert, am Freitag letzter Woche der Pressestelle des Bundesverkehrsministeriums: Ist es richtig, daß Frau Krause und der älteste Sohn der Familie Krause an Bord der Maschine waren?

Haben Frau Krause und ihr Sohn Reisekosten für diesen Flug entrichtet? Wenn ja, in welcher Höhe? (Bei einem Lufthansa-Flug wären sie wohl kaum darum herumgekommen, ihre Tickets selbst zu bezahlen. Anm. d. Red.)

Ist die Mitnahme von Familienangehörigen in Bundeswehrmaschienen zulässig?

Hatte Herr Minister Krause in San Francisco einen offiziellen Termin? Wenn ja, um welchen Termin handelte es sich?

Trotz vielfacher Nachfragen sah sich die Pressestelle Krauses bis zum gestrigen Redaktionsschluß nicht in der Lage, auch nur eine dieser Fragen zu beantworten.

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