: Flucht nach Vietnam
■ Anschläge auf von Vietnamesen betriebene Geschäfte in Phnom Penh
Phnom Penh (AFP/taz) – Jetzt scheint die Terrorkampagne gegen vietnamesischstämmige KambodschanerInnen und Einwanderer auch Phnom Penh erreicht zu haben. In der Nacht zum Dienstag schleuderten Unbekannte, die auf Motorrädern durch die Straßen kreuzten, Granaten in mehrere von Vietnamesen betriebene Bordelle und Restaurants. Zwei Menschen starben, 15 wurden verletzt, sechs davon schwer. Wie der britische BBC berichtet, fanden einige der Anschläge ganz in der Nähe des Hauptquartiers der UNO- Übergangsverwaltung in Kambodscha, Untac, statt. Die Täter konnten entkommen.
Die Anschläge seien erste Schritte in einer „terroristischen Kampagne“, die darauf abziele, das Land im Vorfeld der für Mai geplanten Wahlen zu destabilisieren, sagte der kambodschanische Vizeminister Khieu Kanharith.
Es sind vor allem die Roten Khmer – aber auch andere politische Fraktionen bis hin zu Anhängern der kambodschanischen Regierungspartei –, die in den vergangenen Monaten zur Vertreibung von Vietnamesen aufgerufen haben oder dies zumindest befürworteten.
Die Roten Khmer weigern sich, an den Wahlen teilzunehmen, bis „alle noch verbliebenen vietnamesischen Soldaten“ das Land verlassen haben, deren Anwesenheit allerdings sowohl von der UNO als auch von Vietnam bestritten wird.
Kurz nach diesen Überfällen wurde ein UN-Zivilangestellter aus Bangladesch von einem Polizisten erschossen. Nach Angaben Khieus hatte er mit seinem Wagen eine Polizeisperre durchbrochen, die wegen der Anschläge errichtet worden war. Die Polizisten hätten allerdings auf ein vorausfahrendes Fahrzeug gezielt, aus dessen Fenster auf die Polizisten geschossen worden sei. Ein Polizist, der das Feuer erwiderte, habe das zweite Fahrzeug mit dem UN-Mitarbeiter versehentlich getroffen. Dabei sei auch ein weiterer Insasse verletzt worden. Der Polizist sei zu weiteren Ermittlungen festgenommen worden.
Untac-Sprecher Eric Berman äußerte allerdings Zweifel an dieser Darstellung. Es sei unklar, ob der Bangladescher nicht doch an der Sperre angehalten habe.
Wenn diese Attentate tatsächlich aus rassistischen Motiven geschahen und nicht auf Auseinandersetzungen zwischen kriminellen Banden zurückzuführen sind, bedeutet dies, daß die Gefahr verbreiteter Pogrome wächst, wie seit Monaten in Kambodscha befürchtet wird. Der UNO war vorgeworfen worden, diese Gefahr weitgehend ignoriert zu haben. Es wird geschätzt, daß sich zwischen 500.000 und zwei Millionen vietnamesischsprachige Menschen in Kambodscha aufhalten. Nach dem jüngsten Massaker an acht vietnamesischstämmigen Siedlern hatten Untac-Sprecher erklärt, sie könnten die Vietnamesen im Lande aus Personalmangel nicht schützen. Am Wochenende haben sich Tausende auf die Flucht begeben, zum Teil nach Vietnam, zum Teil aber auch nach Phnom Penh, wo sie sich bis zum Montag noch sicher wähnen konnten. li
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